Rothemden-Anführer Arisman Pongruengrong: "Es wird noch viele Tötungen geben"
Foto: Thilo ThielkeSPIEGEL ONLINE: Herr Arisman, am Donnerstag wurde einer Ihrer Mitstreiter, General Khattiya Sawasdipol alias Seh Daeng, von einem Kopfschuss niedergestreckt. Seitdem wurden mindestens 22 Rothemden auf den Straßen Bangkoks getötet. Wird die Gewalt weiter eskalieren?
Pongruengrong: Die Regierung versucht jetzt gezielt, unsere Führer zu liquidieren. Ich gehe nur noch mit schusssicherer Weste und Leibwache aus dem Haus. Das läuft auf eine Situation wie auf Pekings Tiananmenplatz im Jahr 1989 hinaus. Die Regierung will es so.
SPIEGEL ONLINE: Immer mehr Beobachter warnen vor einem Bürgerkrieg.
Arisman: Das ist schon einer.
SPIEGEL ONLINE: Ist das nicht etwas übertrieben?
Arisman: Es wird mit scharfer Munition rücksichtslos auf Zivilisten geschossen. Es wir noch viele Tötungen geben. Die Armee geht gegen das Volk vor.
SPIEGEL ONLINE: Was wollen Sie tun?
Arisman: Wir geben nicht auf. Die Regierung muss die Schießbefehle sofort stoppen. Außerdem sollte die Uno sich des Falles annehmen. Warum sagt die internationale Gemeinschaft nichts? Die Morde müssen aufgeklärt werden. Zur Not erheben wir Anklage gegen Premierminister Abhisit Vejjajiva vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Er trägt die Verantwortung für das, was hier derzeit geschieht.
SPIEGEL ONLINE: Sind Wahlen in diesem Jahr noch denkbar für Sie?
Arisman: Nein. In dieser aufgeheizten Atmosphäre könnte es schnell zu noch viel blutigeren Auseinandersetzungen kommen, zu politischen Morden. Das wird schrecklich.
SPIEGEL ONLINE: Noch beschränken sich die Auseinandersetzungen auf Bangkok. Wird das so bleiben?
Arisman: Ganz bestimmt nicht. Die Menschen in 30 Provinzen erheben sich. Es kommt zudem immer mehr Verstärkung in die Hauptstadt.
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Verletzter Zivilist in Bangkok: Die thailändische Armee hat eine Sperrzone eingerichtet, in der scharf geschossen wird - mindestens 22 Menschen kamen seit Freitagabend ums Leben.
Mancherorts gleicht Bangkok einem Schlachtfeld. Regierungsgegner und Soldaten liefern sich in der thailändischen Hauptstadt eine verbissene Schlacht. Hier haben Demonstranten Reifen in Brand gesetzt.
Aus Angst vor Scharfschützen robben diese Männer über den Boden. Sie wollen einen Verletzten bergen, der angeschossen wurde.
Soldaten bringen sich hinter Barrikaden in Stellung. Tausende Sicherheitskräfte versuchten in der Nacht zum Samstag, die Straßen um das besetzte Geschäftsviertel Ratchaprasong zu blockieren, und das Lager der Regierungsgegner abzuschotten. Nachrichtenagenturen zufolge wurden seit Donnerstag mindestens 160 Personen verletzt.
Regierungsgegner errichteten Barrikaden aus Reifen und steckten diese in Brand, um das Vorrücken der Soldaten abzuwehren.
Regierungsgegner: In dem besetzten Geschäftsviertel Ratchaprasong sind nach Schätzungen der Polizei bis zu 5000 Menschen. Die Demonstranten sprachen von 15.000 Besetzern. Sie haben Steine und Benzinbomben gehortet.
Barrikaden: Die Besetzer stellten sich auf einen Ansturm ein, wollen trotz der eskalierenden Gewalt aber nicht aufgeben. "Wir werden weiter kämpfen", sagte ein Anführer der sogenannten Rothemden.
Bilder der Zerstörung: Demonstranten zapfen aus einem ausgebrannten Militärtruck Treibstoff ab.
Moment des Triumphs: Regierungsgegner winken stolz von einem Militärfahrzeug, das sie erobert haben.
Straßensperren: Die Armee riegelt das Viertel ab, um den Demonstranten den Nachschub an Lebensmitteln, Wasser und Benzin abzuschneiden. Die Vorräte gehen zur Neige, sagen die Regierungsgegner.
Flucht aus dem Chaos: Hotelgäste wollen sich über eine Mauer in einem Hinterhof in Sicherheit bringen.
Erbittert versuchen die Demonstranten, das Vorrücken der Armee abzuwehren.
Feuer auf die Demonstranten: In Bangkok eskaliert die Lage.
Massive Militärpräsenz in Thailands Hauptstadt Bangkok wegen der Proteste gegen die Regierung: Die Soldaten setzten ihre Gewehre ein. In der Stadt waren immer wieder Schüsse zu hören.
Die Eskalation begann am Donnerstag, nachdem die Demonstranten nach einem schon sicher geglaubten Kompromiss zur Lösung der Krise ihren Protest doch nicht aufgaben. Die Lage spitzte sich zu, als der zur Opposition übergelaufene Generalmajor Khattiya Sawasdipol angeschossen und lebensgefährlich verletzt wurde.
Generalmajor Khattiya: Einer seiner Mitstreiter sprach von "ernsten" Verletzungen.
Khattiya wenige Stunden vor den Schüssen: Er war zu den Rothemden übergelaufen und hatte sie in ihrem Protest gegen die Regierung in Bangkok bestärkt.
Soldaten in Bangkok: Sie erhielten die Erlaubnis, auch mit scharfer Munition auf die Demonstranten zu schießen.
Demonstrant im Camp der Rothemden: Mit Steinschleudern gegen Gewehre.