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Aufstand der Jungen: Keine Arbeit, keine Wohnung, keine Zukunft

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Unruhen Tunesische Regierung schließt sämtliche Unis und Schulen

Der Jugendaufstand in Tunesien eskaliert: Bei einem Polizeieinsatz gegen Demonstranten sind zehn Menschen getötet worden. Auch ein Versprechen von Diktator Ben Ali für mehr Jobs kann die Lage nicht beruhigen - jetzt hat das Regime alle Universitäten und Schulen dicht gemacht.

Paris - Bei neuen Unruhen in Tunesien sind an diesem Montag mehr als zehn Menschen ums Leben gekommen. Zehn weitere wurden verletzt, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Abend von Rettungskräften. Augenzeugenberichten zufolge eröffneten Polizisten während eines Trauerzuges für die Opfer vom Wochenende in der Stadt Kasserine im Westen des Landes das Feuer auf Demonstranten und schossen ziellos in die Menge.

Ob die Protestler zunächst die Polizisten angegriffen hatten, war vorerst unklar. Zahlreiche Einwohner der Stadt versammelten sich nach den neuen Krawallen zu Protesten auf den Straßen. "Wenn die Polizei weiter auf Demonstranten schießt, gibt es eine Katastrophe", sagte eine Rechtsanwältin aus der Stadt am Telefon.

Aus Regueb nahe Sidi Bouzid berichteten Augenzeugen, die Stadt sei von der Polizei umstellt. Im gesamten Stadtgebiet seien 2000 Menschen in Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften verwickelt. "Die Polizei setzt Tränengas ein und hat das Feuer eröffnet", berichtete ein Bewohner der Nachrichtenagentur Reuters am Telefon. Tunesische Behörden waren für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.

Das Auswärtige Amt rät zu "erhöhter Vorsicht" bei Reisen

Bereits am Wochenende waren in Kasserine nach Gewerkschaftsangaben fünf Menschen bei Ausschreitungen getötet worden. Die Gesamtzahl der Toten bei den Unruhen in den vergangenen Tagen erhöht sich damit auf über 30.

Die tunesische Regierung hat nach der neuerlichen Eskalation am Montagabend alle Bildungseinrichtungen geschlossen. Von Dienstag an finde an Schulen und Universitäten kein Unterricht mehr statt, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur TAP eine Erklärung des Bildungsministeriums. Die Entscheidung gelte bis auf weiteres.

Präsident Zine al-Abidine Ben Ali, der als Diktator regiert, warf den Demonstranten in einer Fernsehansprache "terroristische Handlungen" vor. Die Auseinandersetzungen seien das Werk "maskierter Banden", die nächtens Regierungsgebäude und Privathäuser angegriffen hätten. Um die Bevölkerung zu beruhigen, versprach Ben Ali 300.000 neue Arbeitsplätze bis zum Jahr 2012 - zusätzlich zu den von der Unternehmerschaft vor kurzem zugesagten 50.000 Jobs.

Die USA und die EU äußerten sich besorgt über die Eskalation und riefen zur Mäßigung auf. Das tunesische Außenministerium bestellte deshalb den amerikanischen Botschafter ein. Das Auswärtige Amt in Berlin rät zu "erhöhter Vorsicht" bei Reisen in die Region. 

Tunesien

Die Verzweiflung der jungen Generation in ist groß. Viele junge Leute haben keine Arbeit, keine Wohnung - und auch kaum Aussicht, das zu ändern. Selbst ein Universitätsabschluss schützt nicht vor Arbeitslosigkeit. Seit Wochen bricht sich die Perspektivlosigkeit in einem Aufstand der Jungen Bahn - ausgelöst durch die Selbstverbrennung eines arbeitslosen Hochschulabsolventen Mitte Dezember. Die Zukunftsängste vieler junger Menschen sind so groß, dass sie nicht vor dem harten Regime des seit 25 Jahren diktatorisch herrschenden Machthabers Ben Ali kuschen - trotz harter Polizeieinsätze.

ler/dpa/AFP/Reuters
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