Untersuchungskommission Israel will Konvoi-Desaster aufklären

Türkisches Hilfsschiff "Mavi Marmara": Oberster Richter soll Aufklärungskommission leiten
Foto: STRINGER/TURKEY/ REUTERSTel Aviv - Die weltweite Empörung über den israelischen Militäreinsatz gegen die reißt nicht ab - bislang hat Israel die blutige Erstürmung der Schiffe stets verteidigt. Jetzt will das Land die Vorgänge durch eine interne Untersuchungskommission klären lassen.
Das kündigte der israelische Ministerpräsident am Sonntag während einer Sitzung mit Ministern seiner rechtsorientierten Likud-Partei an. Vorsitzender der Kommission solle der ehemalige Richter des Obersten Gerichts in Jerusalem, Jaakov Tirkel, werden. Dem Gremium sollen außerdem noch zwei weitere Israelis sowie zwei juristisch geschulte internationale Beobachter angehören. Wie Netanjahu mitteilte, habe er US-Präsident Barack Obama bereits über die Einzelheiten informiert.
Bei den beiden israelischen Kommissionsmitgliedern soll es sich auf Vorschlag Netanjahus um den Professor für internationales Recht, Shabtai Rosen, und den General der Reserve, Amos Horev, handeln. Als internationale Beobachter schlug Netanjahu den nordirischen Politiker und Friedensnobelpreisträger David Trimble sowie den auf internationales Recht spezialisierten kanadischen Anwalt Ken Watkin vor. Alle fünf vorgeschlagenen Kandidaten sollen noch am Montag von der Regierung bestätigt werden.
Fraglich ist, welchen Einfluss die externen Beobachter auf die Aufklärung haben. Sie dürfen zwar an den Anhörungen und Erörterungen der Kommission teilnehmen, können jedoch nicht auf die Vorgehensweise und Rückschlüsse einwirken. Außerdem können ihnen Informationen vorenthalten werden, wenn die nationale Sicherheit Israels oder die internationalen Beziehungen gefährdet sind.
Blair rechnet mit schneller Lösung in Blockade-Frage
Die Regierung sei bereit, die Vereinbarkeit der Seeblockade des Gazastreifens mit internationalem Recht zu überprüfen, teilte das Büro des Ministerpräsidenten mit. Außerdem soll die Übernahme des türkischen Hilfsschiffs "Mavi Marmara" durch israelische Soldaten untersucht werden, bei der am 31. Mai neun Aktivisten getötet worden waren. Als dritten Punkt soll die Kommission Handlungen und Identitäten der Organisatoren der Gaza-Hilfsflotte und der teilnehmenden Aktivisten überprüfen.
Nach Darstellung der israelischen Armee handelten die Soldaten bei dem blutigen Einsatz auf dem türkischen Passagierschiff "Mavi Marmara" in Notwehr, da sie von den Aktivisten brutal angegriffen worden seien. Auch die Armee hat bereits eine eigene Untersuchung des Vorfalls angekündigt. Eine unabhängige internationale Untersuchung lehnte Israel bislang ab.
Gaza-Blockade wird überprüft
Netanjahu sagte am Sonntag während der wöchentlichen Kabinettssitzung, er habe bereits vor dem Zwischenfall mit der Solidaritätsflotte Beratungen über das weitere Vorgehen hinsichtlich der Gaza-Blockade abgehalten. "Der Grundsatz unserer Politik ist klar - die Einfuhr von Waffen und Munition in den Gazastreifen soll verhindert und die Einfuhr humanitärer Hilfsgüter erlaubt werden", sagte Netanjahu. Angesichts der internationalen Forderungen nach einer Aufhebung der Blockade sagte der Regierungschef, die Beratungen sollten auch in der kommenden Woche andauern.
Nach Einschätzung des Sondergesandten des Nahost-Quartetts, Tony Blair, ist in den kommenden Tagen ein Durchbruch in der Frage einer Lockerung der Gaza-Blockade möglich. Wenn man den Sicherheitsaspekt und den Aspekt der Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs auseinanderhalte, könne rasch eine Lösung gefunden werden, sagte der frühere britische Premierminister der BBC.
Israel hatte internationale Unterstützung gefordert, um mehr zivile Güter nach Gaza hineinzulassen und zugleich Waffenlieferungen an die dort herrschende Hamas zu verhindern. Bei der Überwachung der Güterströme könnten sowohl die Palästinenserregierung als auch die Europäische Union und Israel eine Rolle spielen, sagte Blair.
Die Kritik reißt derweil nicht ab: Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat Israel vorgeworfen, mit der Blockade gegen internationales Recht zu verstoßen. Die gesamte Bevölkerung in dem Palästinenser-Gebiet werde für etwas bestraft, für das sie keine Verantwortung trage, hieß es in einer Erklärung der Hilfsorganisation. Zudem sei die Versorgung der Bevölkerung im Gazastreifen mit Medikamenten wegen des Streits zwischen der dortigen Hamas-Regierung und der Fatah-Führung im Westjordanland so schlecht wie noch nie.