Uran-Anlage Nordkorea prahlt mit Fortschritt im Atomprogramm

Eine riesige nordkoreanische Anlage zur Uran-Anreicherung schreckt die USA auf - jetzt hat Pjöngjang Details verkündet. Demnach sind bereits Tausende Zentrifugen im Einsatz. Washington fürchtet neue Atomwaffen in den Händen von Diktator Kim, weiß aber nur wenig über dessen Regime.
Nordkoreas Diktator Kim Jong Il: Rätsel für den Westen

Nordkoreas Diktator Kim Jong Il: Rätsel für den Westen

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Nordkorea

Seoul - Die neuesten Verkündungen aus klingen bedrohlich: Das Land hat nach eigenen Angaben "Tausende Zentrifugen" zur Uran-Anreicherung im Einsatz. Nordkorea baue an einem Leichtwasserreaktor, um den Energiebedarf im Land zu decken. "Dafür betreiben wir ein modernes Anreicherungssystem mit mehreren tausend Zentrifugen", heißt es aus Pjöngjang. Das Programm diene angeblich allein friedlichen Zwecken, meldete die amtliche Nachrichtenagentur KCNA, die das Sprachrohr der kommunistischen Führung ist.

Doch Nordkoreas Herrscher Kim Jong Il will offenbar Stärke demonstrieren: Die neue Propaganda zum Fortschreiten des Atomprogramms kommt genau eine Woche, nachdem das kommunistische Land Granaten auf eine südkoreanische Insel gefeuert hatte.

Die Existenz der neuen nordkoreanischen Anlage zur Uran-Anreicherung war erst kürzlich bekannt geworden. US-Verteidigungsminister Robert Gates äußerte sich daraufhin besorgt, weil Pjöngjang damit das "Potential" habe, weitere Atomwaffen herzustellen. Der US-Wissenschaftler Siegfried Hecker, der die Uranfabrik besichtigte, zeigte sich "verblüfft" angesichts des ausgeklügelten Komplexes. Er habe "Hunderte und Hunderte" Zentrifugen und einen "ultra-modernen Kontrollraum" gesehen.

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US-Diplomaten über die Kims: "Playboy", "Videospieler", "guter Trinker"

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Der Westen ist aufgeschreckt. Tatsächlich wissen US-Diplomaten nur sehr wenig über das kommunistische Land. Das zeigen die neuesten WikiLeaks-Enthüllungen. Danach beruhen die Dossiers der USA über Nordkorea großteils auf Einschätzungen von als vertrauenswürdig geltenden Nordkorea-Reisenden. Auch die US-Botschaft in Peking ist ein bedeutender Zulieferer. Jeder amerikanische Politiker, der China besucht, geht davon aus, dass die chinesischen Gesprächspartner, die letzten Verbündeten der nordkoreanischen Kommunisten, alles über das Land und seinen Herrscher wissen.

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Diplomatisch wird derweil weiter um eine Lösung des Korea-Konflikts gerungen. US-Außenministerin Hillary Clinton will einem Medienbericht zufolge in der kommenden Woche in Washington mit ihren Amtskollegen aus Japan und Südkorea über die gespannte Lage beraten. Bei dem Treffen solle es auch darum gehen, China zu drängen, seinen Einfluss geltend zu machen und mäßigender auf Nordkorea einzuwirken, meldete die japanische Nachrichtenagentur Nikkei unter Berufung auf eingeweihte Personen.

Zudem solle über den Vorschlag Chinas gesprochen werden, die Situation mit einer Wiederbelebung der Sechs-Parteien-Gespräche über ein Ende des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms zu beruhigen. Nordkorea hatte die Gespräche, an denen auch Russland beteiligt ist, vor zwei Jahren abgebrochen. Das US-Außenministerium bestätigte die Meldung zwar nicht. Ein solches Treffen sei aber im Gespräch, sagte ein Außenamtssprecher in Washington.

Nordkorea droht mit "ausgewachsenem Krieg"

Mit einem nordkoreanischen Artillerie-Angriff auf eine südkoreanische Insel war der Konflikt zwischen den beiden Nachbarstaaten am Dienstag eskaliert. Bei dem Beschuss waren zwei Soldaten und zwei Zivilisten getötet worden. Südkoreas Präsident Lee Myung Bak drohte dem Norden für den Fall weiterer Angriffe mit Vergeltung.

Nordkorea hat nun wiederum an diesem Dienstag mit Blick auf das Manöver Südkoreas mit den USA mit einem "ausgewachsenen Krieg" auf der Halbinsel gedroht. Jeder gegen den Norden gerichtete "provozierende Krieg" bedeute "Selbstzerstörung" hieß es in einem Kommentar der staatlichen Zeitung "Minju Joson".

Ein Vertreter Pjöngjangs ist unterdessen in China eingetroffen. Choe Thae Bok wird sich laut einem Bericht der südkoreanischen Nachrichtenagentur Yonhap fünf Tage lang in China aufhalten. Bei den Gesprächen soll es demnach um den tödlichen Artillerie-Angriff auf die südkoreanische Insel und das nordkoreanische Atomprogramm gehen. Cheo war laut Yonhap bereits Ende September nach China gereist und hatte die Regierung darüber informiert, dass einem Sohn des nordkoreanischen Staatschefs Kim Jong Il hohe politische Posten übergeben werden sollen.

anr/AFP/Reuters
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