Von der Leyens erste Grundsatzrede "Europa muss die Sprache der Macht lernen"

Europas Partner müssen sich nach Ansicht der gewählten EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen darauf einstellen, dass sich das Bündnis künftig härter, machtbewusster zeigen wird. Als Beispiel nannte sie China.
Ursula von der Leyen wird am 1.Dezember neue EU-Kommissionspräsidentin

Ursula von der Leyen wird am 1.Dezember neue EU-Kommissionspräsidentin

Foto: AFP/Tobias Schwarz

Europa muss nach Auffassung der künftigen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen energischer in der Welt auftreten.

"Europa muss auch die Sprache der Macht lernen", sagte sie in Berlin in einer Europa-Rede vor der Konrad-Adenauer-Stiftung. "Das heißt zum einen, eigene Muskeln aufbauen, wo wir uns lange auf andere stützen konnten - zum Beispiel in der Sicherheitspolitik", sagte die frühere deutsche Verteidigungsministerin. "Zum anderen die vorhandene Kraft gezielter einsetzen, wo es um europäische Interessen geht."

"Wir können die Bedingungen beeinflussen, zu denen wir Geschäfte machen"

Als Beispiel nannte von der Leyen die Handelspolitik. China sei zwar ein wichtiger Handelspartner für Europa. Aber umgekehrt sei die EU Pekings größter Handelspartner. "Wir können die Bedingungen beeinflussen, zu denen wir Geschäfte machen", sagte von der Leyen. Dies geschehe auch bereits. So freue man sich über jedes ausländische Unternehmen, das an Ausschreibungen in der EU teilnehme, sei es für den Bau von Autobahnen oder Stromtrassen. "Aber wir werden künftig stärker darauf achten, dass sich diese Unternehmen auch an unsere Standards halten, zum Beispiel was Arbeitsbedingungen und Umweltschutzvorschriften angeht."

Von der Leyen rief Europa auf, sich auf seine Stärken zu besinnen. Für Verzagtheit gebe es keinen Grund. "Europa ist heute attraktiver, als wir es oft wissen oder zumindest darüber reden." Europa möge hinsichtlich seiner Bevölkerung älter und weniger werden. "Aber wir haben etwas, was unschätzbar ist: Rechtsstaat, Freiheit, Demokratie, Offenheit für viele Lebensentwürfe - das finden junge Menschen in China oder Russland nicht."

Erweiterungsperspektive Westbalkan

Die neue Kommissionspräsidentin sprach sich für eine "strategische Erweiterungspolitik" aus. "Dass der Westbalkan eine europäische Perspektive hat, ist in unserem ureigensten Interesse. Wir teilen dieselbe Geschichte, denselben Kontinent, wir haben dieselbe Kultur und dieselben Herausforderungen." Mit Nordmazedonien und Albanien müssten Beitrittsgespräche beginnen. Beide Länder hätten alle Forderungen erfüllt. "Wenn wir Europäer dem Westbalkan keine Perspektive an unserer Seite geben, dann werden andere in diese Lücke stoßen, seien es China oder Russland, die Türkei oder Saudi-Arabien", warnte von der Leyen.

Von der Leyen startet ihr Amt als Kommissionspräsidentin am 1. Dezember.

flg/dpa
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