US-Justiz Gerichtsverfahren für Guantanamo-Häftlinge angeordnet
Am Abend urteilte ein Bundesberufungsgericht in San Francisco im Fall eines Libyers, der in Afghanistan gefangen genommen und nach Guantanamo verbracht worden war. Ein Angehöriger des Terrorverdächtigen hatte das Gericht angerufen. Die Richter sprachen dem Libyer das Recht auf einen Anwalt sowie auf Zugang zum amerikanischen Justizwesen zu.
Die Entscheidung fiel mit zwei Stimmen zu einer. Damit stellten sich die Richter mehrheitlich gegen die Haltung der US-Regierung. Präsident George W. Bush hat stets geltend gemacht, die USA könnten die Verdächtigen auf unbestimmte Zeit ohne Prozess gefangen halten, da sie in Übersee unter Terrorismusverdacht festgenommen wurden: Sie seien weder normale Kriminelle, noch Kriegsgefangene.
Die Haltung der US-Regierung war in Europa, aber auch bei vielen Amerikanern, auf Unverständnis gestoßen. Menschenrechtsgruppen hatten immer wieder gegen die Verfahrensweise, die Häftlinge ohne Anklage und Rechtsbeistand festzuhalten, protestiert. Nun lässt der Gerichtsentscheid die Häftlinge wieder hoffen.
In der Mehrheitsentscheidung der Richter heißt es, die Inhaftierung auf unbestimmte Zeit widerspreche amerikanischen Idealen. Im November hatte das Oberste Gericht zugestimmt, sich mit dem Fall zu befassen. Der US-Berufungsgerichtshof im District of Columbia, zu dem die Hauptstadt Washington gehört, hatte zuvor entschieden, dass den Gefangenen kein Zugang zum US-Justizsystem zusteht.
"Auch in Zeiten des nationalen Notstands - sogar gerade in solchen Zeiten - ist die Justiz dazu verpflichtet, den Erhalt unserer Verfassungswerte zu garantieren und die Exekutive davon abzuhalten, die Rechte von Bürgern und Ausländern mit Füßen zu treten", heißt es in der Urteilsbegründung.
Tag der Gerichtsentscheidungen
Wenige Stunden zuvor hatte ein weiteres Berufungsgericht in New York das US-Militär angewiesen, den mutmaßlichen Qaida-Terroristen José Padilla innerhalb von 30 Tagen aus dem Militärgewahrsam zu entlassen. Das Gericht urteilte, dass die Regierung Padilla nicht als "feindlichen Kämpfer" festhalten dürfe, da er im Gegensatz zu den anderen mehr rund 660 Guantanamo-Häftlingen US-Bürger ist und in den Vereinigten Staaten verhaftet wurde. Die Regierung Bush hatte ihn so wie andere Terrorverdächtige eingestuft und ihm damit normale Rechte von Gefangenen verweigert.
Padilla wird verdächtigt, sich mit Qaida-Mitgliedern getroffen und einen Terroranschlag mit einer "schmutzigen" Atombombe geplant zu haben. Im Frühjahr 2002 war der mutmaßliche Terrorist gefangen genommen worden. Ein Kontakt zu seinem Rechtsanwalt wurde ihm im Militärgefängnis in Charleston (US-Bundesstaat South Carolina) verweigert.
Der Status "feindlicher Kämpfer" war in den USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 eingeführt worden. Gefangene werden direkt dem Verteidigungsministerium unterstellt, Rechte eines zivilen Verfahrens werden ausgesetzt.
Das Pentagon stellte unterdessen einem zweiten ausländischen Häftling im Gefangenenlager Guantanamo einen amerikanischen Militäranwalt zur Seite. Bei dem Häftling handelt es sich um den Jemeniten Salim Ahmed Hamdan. Zuvor hatte aus dem Lager lediglich der Australier David Hicks einen US-Militäranwalt erhalten.