Kandidatenflut bei US-Republikanern Der Nächste, bitte!
Symbolik ist alles. In der linken Hand hält Rick Santorum einen Klumpen Kohle, in der rechten die US-Fahne. Er erzählt die Geschichte seines Großvaters, der aus Italien kam und für die neue Freiheit in der Grube schuftete. Santorum spricht vom Kampf gegen "big money" und für den kleinen Mann.
Der 57-Jährige steht an diesem Mittwoch in einer Fabrikhalle im früheren Kohlerevier Pennsylvanias und gibt den Arbeiterführer. "Heute ist der Tag, an dem wir unseren Gegenangriff starten", ruft er. Und dann erklärt er seine Bewerbung für die Präsidentschaftskandidatur. Wohlgemerkt nicht für die der Demokraten. Nein, Santorum ist ja Republikaner.
Er bewirbt sich nicht zum ersten Mal. Vor vier Jahren lieferte sich Santorum einen heftigen Kampf mit dem späteren Sieger Mitt Romney, konnte elf Vorwahlen gewinnen. Damals trat Santorum noch als Vertreter der religiösen Rechten an, als Kämpfer gegen die Moderne.

Santorum (2.v.l.) und Romney (3.v.l.) im Wahlkampf 2012
Foto: DON EMMERT/ AFPHeute ist der Vater von sieben Kindern zwar noch immer kräftig gottesfürchtig, der Homo-Ehe abgeneigt und gegen Abtreibungen, doch das Sozialkonservative ist in seiner Wahlkampfstrategie in den Hintergrund gerückt. Santorum will jetzt Held der Arbeit statt Jesus-Kandidat sein.
Das hat einen Grund: Santorum sucht die politische Lücke im republikanischen Bewerberfeld. Denn das ist diesmal ungemein groß, nahezu wöchentlich erklärt ein Parteifreund seine Bewerbung. Schon an diesem Donnerstag hat sich der Nächste angekündigt: New Yorks Ex-Gouverneur George Pataki. Kaum je zuvor in der Geschichte der Partei gab es so viele (mehr oder weniger) ernstzunehmende Bewerber, es könnten diesmal bis zu 20 werden.
Sieben haben sich bisher offiziell beworben:
- Rick Santorum, Senator von 1995 bis 2007
- Ben Carson, Neurochirurg, Tea Party
- Marco Rubio, Senator seit 2011, konservativer Falke
- Ted Cruz, Senator seit 2011, erzkonservativ
- Mike Huckabee, Ex-Gouverneur von Arkansas, religiöse Rechte
- Carly Fiorina, Ex-Chefin von Hewlett-Packard, konservativ
- Rand Paul, Senator seit 2011, radikalliberal
Als potenzielle Bewerber gelten unter anderen:
- George Pataki, Ex-Gouverneur von New York, Establishment
- Jeb Bush, Ex-Gouverneur von Florida, konservatives Establishment
- Scott Walker, Gouverneur von Wisconsin, fiskalkonservativ
- Chris Christie, Gouverneur von New Jersey, Establishment
- Rick Perry, Ex-Gouverneur von Texas, erzkonservativ
- Lindsey Graham, Senator seit 2003, konservativer Falke
- Bobby Jindal, Gouverneur von Louisiana, marktliberal
- John Kasich, Gouverneur von Ohio, konservativ
- Donald Trump, Immobilien-Tycoon, Polit-Clown
Sie alle suchen das Alleinstellungsmerkmal. Was unterscheidet sie? Die Fraktion der Sozialkonservativen, die es mit Santorum aufnehmen können, ist groß: Baptistenprediger Huckabee, Senator Cruz oder Ben Carson, der berühmte Neurochirurg, der Homosexualität für eine sexuelle Verirrung hält.
Der Radikalliberale Rand Paul dagegen positioniert sich als Repräsentant der Libertären und Jungen in der Partei. Er kämpft gegen die NSA-Überwachung und attackiert außenpolitische Falken wie Lindsey Graham, macht sie für den Aufstieg der Terrormilizen des "Islamischen Staats" (IS) mitverantwortlich. So viel ist klar: Paul erregt mit seinen Überzeugungen Aufmerksamkeit.
Video-Porträt: Rand Paul, der Unberechenbare
Da hat es Santorum mit seinem neuen Thema schon schwerer. Für den Mindestlohn statt gegen die Homo-Ehe? Das zieht bislang nicht an der Basis. In den Umfragen liegt Santorum zwischen zwei und drei Prozent.
Die mangelnde Durchschlagskraft seines Themas könnte Santorum schon bald zum Verhängnis werden. Denn wegen des großen Bewerberfeldes ist in den so wichtigen TV-Debatten nicht für jeden Platz.
Am 6. August wird Fox News die erste Debatte ausstrahlen. Nur jene zehn Kandidaten, die in den Umfragen vorn liegen, dürfen auftreten. CNN will bei der darauffolgenden Debatte im September das Kandidatenfeld in zwei Segmente aufspalten. Santorum spielt wohl eher in der zweiten Liga.

US-Senator Marco Rubio: ein möglicher Kompromisskandidat
Foto: AP/dpaAnderen Bewerbern dagegen könnte die Kandidatenflut zum Vorteil gereichen. Wenn sich die Stimmen der Basis auf so viele Personen aufteilen, dürfte es in einigen Vorwahlen sehr knappe Rennen geben. Am Ende mag das jenen Kandidaten nutzen, die Brücken zwischen den Lagern bauen können. Wie etwa Marco Rubio.
Auf den ersten Blick hat der 43-jährige Senator aus Miami kaum Chancen, schon gar nicht gegen seinen einstigen Mentor Jeb Bush. Doch der zweite Blick zeigt: Rubio kommt sowohl bei der republikanischen Rechtsaußenbasis als auch beim Establishment an, eignet sich als Kompromisskandidat. Zudem hat er einen politischen "Sugar Daddy": den Milliardär Norman Braman, der entschlossen scheint, Rubio auch über Durststrecken hinweg lange im Rennen zu halten.
Vor vier Jahren spielte ein erzkonservativer Multimillionär namens Foster Friess diese Rolle. Sein Kandidat brachte es entgegen aller Vorhersagen ziemlich weit. Dessen Name: Rick Santorum.
