US-Präsidentschaftswahl Obama gewinnt letztes TV-Duell gegen bissigen McCain
Washington - Besonders für John McCain kam es in der letzten TV-Debatte auf viel an. In Umfragen deutlich hinter seinem Kontrahenten Barack Obama zurück, hatte er in dieser Nacht das Ruder noch einmal herumreißen wollen. So war die Stimmung an dem runden Holztisch in der Universität Hofstra in Hempstead bei New York von Anfang an hitzig - deutlich stärker als bei den vorangegangenen TV-Duellen.
McCain brachte erneut Zweifel an Obamas Persönlichkeit auf - erstmals in einem TV-Duell. Er verlangte, sein Rivale solle endlich seine Beziehungen zu dem militanten Vietnamkriegsgegner William Ayers erklären. Als Antwort sagte Obama, er sei acht Jahre alt gewesen, als Ayers seine Untergrundaktionen geführt habe - und stellte klar: "Herr Ayers hat nichts mit meinem Wahlkampf zu tun, er war auch nie in meinen Wahlkampf involviert und er wird mich auch nicht im Weißen Haus beraten."
McCain verlangte auch Auskunft über Obamas Verhältnis zur Bürgerrechtsorganisation Acorn, die vor allem Menschen aus unterprivilegierten Schichten bei der Registrierung zur Wahl hilft und bei der einige Mitarbeiter offenbar falsche Registrierungskarten ausgefüllt haben. Obama wies zurück, in diese Vorgänge verwickelt gewesen zu sein.
Der Demokrat warf McCain seinerseits vor, einen immer konfrontativeren Wahlkampf zu führen. Obwohl sich das amerikanische Volk nicht darum kümmere, seien 100 Prozent seiner Fernsehspots negativ. "Das ist nicht wahr", erwiderte McCain. "Das ist doch wahr", beharrte Obama. Diese Spots sagten "mehr aus über Sie und ihren Wahlkampf als über mich". (Faktencheck zu den Aussagen der Kandidaten...)
McCain: "Ich bin nicht Präsident Bush"
Keiner von beiden zeigte am Mittwochabend (Ortszeit) in der Hofstra-Universität bei New York neue Wege aus der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise auf. Stattdessen stritten sie über den richtigen Kurs in der Steuer- und Finanzpolitik. Angriffe Obamas auf die Wirtschaftspolitik der Regierung Bush konterte McCain mit dem Satz: "Ich bin nicht Präsident Bush." Wenn Obama gegen Bush antreten wolle, hätte er dies vor vier Jahren tun sollen. So deutlich hatte sich der republikanische Kandidat noch nie öffentlich vom Amtsinhaber seiner Partei distanziert.
Im Lauf des Gesprächs rückte McCain noch mehrfach von der Regierung Bush ab und erinnerte daran, dass er häufig gegen den US-Präsidenten gestimmt habe. "Wann haben Sie sich jemals gegen die Führer ihrer Partei gestellt?", attackierte er Obama. Dieser erwiderte: "Ich verwechsele Ihre Politik manchmal mit jener von Präsident Bush, weil Sie in Kernpunkten der Wirtschaftspolitik ein glühender Unterstützer von Präsident Bush waren."
Der 72-jährige McCain warb erneut für eine umfassende Entlastung der überschuldeten Hausbesitzer. Er warf Obama vor, mit der von ihm geplanten Erhöhung von Steuern für Reiche einen Klassenkampf für die Umverteilung des Wohlstands zu führen. Obama wies dies zurück und sagte: "Niemand mag Steuern." Für die wichtigen Investionen in die Wirtschaft müsse aber genügend Geld zur Verfügung gestellt werden. Er trete für Steuerkürzungen zugunsten von 95 Prozent der Bevölkerung ein, wolle aber die Amerikaner mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Dollar stärker in die Pflicht nehmen.
"Joe, der Klempner" - der Star der Debatte
Zur Eindämmung des wachsenden Haushaltsdefizits schlug der Demokrat unter anderem Kürzungen im Etat des Pentagons vor. Obama: "Wir wollen beide die Steuern senken. Die Frage ist nur: Für wen?"
Zur Untermalung seiner Kritik an Obamas Wirtschaftspolitik führte McCain "Joe, den Klempner" an - einen normalen Bürger namens Joe Wurzelbacher, den Obama am Wochenende bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ohio getroffen hatte. Joe sagte ihm vor zufällig laufender Kamera des TV-Senders Fox: "Ihr neuer Steuerplan bedeutet mehr Steuern für mich." Laut McCain sind die Steuerpläne des Demokraten für Joe der Grund, sich nicht wie geplant selbständig zu machen und den amerikanischen Traum zu verwirklichen.
Schließlich schaute McCain direkt in die Fernsehkamera und versprach: "Joe, ich will dir sagen, ich werde dir nicht nur helfen, das Geschäft zu kaufen, in dem du dein ganzes Leben gearbeitet hast. Ich werde auch deine Steuern niedrig halten, und ich werde für dich und deine Angestellten eine bezahlbare Gesundheitsversorgung ermöglichen." Obama wies den Vorwurf zurück, dass er Kleinunternehmer stärker besteuern will. Im Lauf der TV-Debatte bezogen sich beide immer wieder auf Joe, McCain zehnmal, Obama zweimal.
McCain verteidigte in der Debatte auch seine Vize-Präsidentschaftskandidatin Sarah Palin. "Sie bringt frischen Wind mit. Sie kämpft gegen die verkrusteten Strukturen und Klüngeleien. Deshalb sei sie die richtige Wahl. Obama hielt sich mit Kommentaren zurück. Auf die Frage, was er von Palin halte, sagt er: "Das müssen die Wähler entscheiden."
McCain gegen Obama - Umfragen zur letzten TV-Debatte
Obama | McCain | |
---|---|---|
Wer hat gewonnen? | 58% | 31% |
Meinung unter Demokraten | 88% | 5% |
Meinung unter Unentschiedenen | 57% | 31% |
Meinung unter Republikanern | 18% | 68% |
Wer attackierte mehr? | 7% | 80% |
Wer hat sich klarer ausgedrückt? | 66% | 25% |
Wer wirkte wie ein klassischer Politiker? | 35% | 54% |
Wer kommt besser mit der Wirtschaft zurecht? | 59% | 35% |
Wer kommt besser mit Steuerpolitik zurecht? | 56% | 41% |
Wer kommt besser mit Gesundheitspolitik zurecht? | 62% | 31% |
vor der Debatte: Wie sympathisch finden Sie...? | 63% | 51% |
nach der Debatte: Wie sympathisch finden Sie...? | 66% | 49% |
Nach der Debatte reichten sich beide Kandidaten die Hände. McCain sagte vernehmlich "Good job, good job" zu Obama - "gute Arbeit, gute Arbeit".
In ersten Reaktionen waren sich die Reporter und Experten der US-Fernsehsender weitgehend einig, dass McCain vor allem in der ersten halben Stunde, als es um die Wirtschaft ging, seine beste Vorstellung aller TV-Debatten abgeliefert hatte. Er wirkte weniger fahrig, attackierte präzise. Doch überzeugen konnte er die Wähler durch seine Offensive offenbar nicht: Nach übereinstimmenden Erhebungen von CNN, CBS und Fox sahen die meisten Zuschauer Obama als Sieger.
58 Prozent der Zuschauer sahen ihn in einer Blitzumfrage des Nachrichtensenders CNN Obama vorn, nur 31 Prozent McCain. 70 Prozent meinten demnach, der Demokrat habe sympathischer gewirkt, nur 22 Prozent fanden den Republikaner gewinnender (siehe Tabelle). Eine Gruppe unentschlossener Wähler, die auf dem Nachrichtensender live über die Performance der Kandidaten in der Debatte abstimmen durften, bewerteten auch die von McCain entfachte Diskussion um "Joe den Klempner" als negativ und oberflächlich.
Die Umfrage des Senders CBS sah Obama mit 53 zu 22 Prozent als Gewinner, Fox veröffentlichte keine exakten Zahlen. Schon nach den ersten beiden Fernsehduellen zwischen Obama und McCain hatten die Zuschauer in Blitzumfragen den Demokraten als Sieger gesehen.
Für McCain, der in dem Fernsehduell seine letzte große Chance hatte, wird es nun schwierig, den Trend zugunsten Obamas noch zu drehen. In allen nationalen Umfragen hat der Demokrat einen großen Vorsprung. Auch die meisten Bundesstaaten neigen ihm zu. Aktuell gehen die Forschungsinstitute klar davon aus, dass Obama deutlich mehr als die nötigen 270 Wahlleute auf sich versammeln wird (siehe Grafik), wenn in den letzten drei Wochen bis zur Entscheidung am 4. November nicht noch ein neues großes Thema hochkocht.
ler/AP/dpa