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US-Kandidat Pete Buttigieg Überschätzter Überflieger

"Boot-Edge-Edge": Viele Amerikaner tun sich schon beim Nachnamen schwer - trotzdem hypen US-Medien Pete Buttigieg als Hoffnungsträger der Demokraten. Doch der junge Aufsteiger hat ein Problem.

Pete Buttigieg ist ein Phänomen, ein neuer Star des politischen Betriebs. Ein schwuler Bürgermeister aus dem Mittleren Westen, der Donald Trump aus dem Weißen Haus verjagen will. Mit gerade einmal 37 Jahren. Das ist ja mal eine Story.

Nun fragt sich halb Amerika: Kann Pete Buttigieg der nächste Präsident der USA werden? Die Antwort ist kompliziert.

Buttigieg selbst traut sich das Amt natürlich zu. Er ist ein echter Überflieger, spricht acht Sprachen, darunter Norwegisch. Er hat in Harvard und Oxford studiert und in Afghanistan Kriegsdienst geleistet. Er wurde mit 29 Jahren Bürgermeister seiner Heimatgemeinde South Bend im Bundesstaat Indiana.

"Ich habe mehr Regierungserfahrung als Donald Trump", sagt er. Das stimmt sogar: Donald Trump ist erst seit zwei Jahren im Amt. Buttigieg seit acht.

Gleichwohl spricht einiges dafür, dass der Nachwuchsmann derzeit über seiner Gewichtsklasse boxt. Oder anders gesagt: Er wird überschätzt.

Ein Erfolg bei den Vorwahlen wird schwer

Um überhaupt gegen Trump antreten zu können, muss Buttigieg die Vorwahlen der Demokraten gewinnen. Und das wird schwer. In den Umfragen unter den Mitgliedern der Demokraten konnte er zwar zwischenzeitlich zulegen, er rangiert jedoch weit hinter Schwergewichten wie Joe Biden und Bernie Sanders.

Vor allem die Kandidatur von Biden hat das Feld der demokratischen Kandidaten durcheinandergewirbelt: Der 76-Jährige liegt laut der neuesten Erhebung von Morning Consult (Pdf ) klar in Führung. Er kommt unter den Mitgliedern der Demokraten auf 39 Prozent Zustimmung, Sanders auf 19 Prozent. Dann folgen Elizabeth Warren und Kamala Harris mit jeweils acht Prozent. Buttigieg erreicht dagegen nur sechs Prozent.

Einen Überblick der möglichen Kandidaten (und das sind einige) finden Sie hier:

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US-Präsidentschaftswahl: Diese Demokraten wollen es wissen

Foto: Zach Gibson / GETTY IMAGES NORTH AMERICA/ AFP

Aktuell ist der Buttigieg-Hype vor allem ein Medienphänomen. Er ist jung, schlagfertig und wirkt auf viele Menschen sympathisch. Bei Fernsehauftritten wirbt er für sich mit dem Slogan: "Ich stehe für eine neue Generation." Die Presse und die TV-Studios in den USA lieben den Neuen, es gibt praktisch keine große Talk-Show, in die er noch nicht eingeladen wurde.

"Oh, sie sind ja so schlau", säuselte TV-Moderatorin Ellen DeGeneres ihrem Gast zu. "Wow, sie haben echt einen Lauf", gratulierte Tonight-Show-Mann Jimmy Fallon, in dessen Sendung Buttigieg sogar den berühmten "Slow Jam" singen durfte.

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Und die Zeitschrift "Time" hob Buttigieg zusammen mit seinem Ehemann Chasten auf das Titelblatt. Die freundliche Schlagzeile dazu lautete: "First Family."

Doch trotz der massiven Medienunterstützung werden viele Wähler kaum mit Buttigieg warm. Sein inhaltliches Profil bleibt unscharf. Während Kandidaten wie Elizabeth Warren oder auch Bernie Sanders zum Beispiel mit einer eindeutigen linken Agenda antreten, lässt Buttigieg keinen klaren Kurs erkennen. Er spricht Themen wie die Gesundheitsreform oder den Klimaschutz zwar an, hält sich aber offen, wo er bei den brennenden Fragen genau steht.

Klares Problem bei Afroamerikanern und Latinos

Offenkundig hofft Buttigieg, so ein möglichst breites Wählerspektrum ansprechen zu können. Viele Wähler der Demokraten bezeichnen sich selbst als moderat oder konservativ, sie will Buttigieg durch allzu linke Positionen nicht verprellen. Sein Ziel für dieses Phase des Wahlkampfs ist es, bekannt zu werden und durch sympathisches Auftreten viel Aufmerksamkeit zu erzielen.

Dieser Plan geht bislang aber nur zum Teil auf. Zwar kann sich Buttigieg bei weißen Wählern weiterhin wachsender Beliebtheit erfreuen. Doch er hat ein klares Problem bei Afroamerikanern und Latinos. Sie stellen inzwischen fast ein Viertel der demokratischen Basis. Wenn Buttigieg hier nicht bald punkten kann, wird es für ihn bei den Vorwahlen eng.

Die Umfragen in dieser Wählergruppe sind für ihn nicht nur schlecht, sie sind verheerend. Nach Ansicht von Wahlstrategen sehen viele dieser Wähler Buttigieg kritisch, weil sie ihn für einen typischen Vertreter der weißen privilegierten Mittelschicht halten.

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Demokraten-Kandidat Buttigieg: Moment, wie spricht man den aus?

Foto: Elijah Nouvelage/REUTERS

Im wichtigen Bundestaat South Carolina sprechen sich 58 Prozent der afroamerikanischen Wähler für Biden aus, Buttigieg landet hingegen bei null Prozent. Selbst in seinem Heimatstaat Indiana würde er - Stand jetzt - praktisch keine einzige Stimme aus der Gruppe der Afroamerikaner erhalten. Schlimmer geht es kaum.

Die einzige Hoffnung für Buttigieg: Bis zu den Vorwahlen bei den Demokraten ist es noch lange hin. Sie beginnen erst im Februar 2020. Eine alte Regel im US-Wahlkampf besagt, dass die Gewinner der frühen Umfragen am Ende nicht unbedingt das Rennen machen müssen. Sowohl dem Außenseiter Barack Obama als auch Donald Trump gelang es, das Feld der Kandidaten gegen alle Wahrscheinlichkeiten von hinten aufzurollen. An ihnen will sich Buttigieg in dieser Hinsicht wohl ein Beispiel nehmen.

Apropos Trump: Der Präsident hat für Buttigieg schon einen Spitznamen gefunden. Er nannte ihn unlängst bei Twitter Alfred E. Neumann, nach der Witzfigur aus den "Mad"-Heften.

Buttigieg reagierte kühl. Er habe Trumps Anspielung nicht verstanden und den Namen Alfred E. Neumann erst googeln müssen, erklärte er. "Das ist wohl eine Generationensache."

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