US-Regierungsbildung Obama will Militär zum Chef der Geheimdienste machen
Washington - Der Posten des Geheimdienstkoordinators ist eine relativ neue Position, sie wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September neu geschaffen. Admiral a.D. Dennis C. Blair, 61, wäre der dritte Director of National Intelligence, seit der Kongress die Stelle vor vier Jahren schuf. Der Job des Geheimdienstkoordinators besteht vor allem darin, den Präsidenten im morgendlichen Briefing über die aktuellen Aktivitäten der verschiedenen Nachrichtendienste des Landes zu informieren. Faktisch erhält er dadurch viel Einfluss auf die Geschicke von insgesamt 16 Organisationen, darunter die mächtige Central Intelligence Agency, die CIA.
Wie US-Medien berichten, wäre der jetzige Geheimdienstkoordinator Mike McConnell, ebenfalls ein im Ruhestand befindlicher Marine-Admiral, gerne weiter im Amt geblieben, doch der zukünftige US-Präsident Barack Obama will seine Regierungszeit offenbar mit wenig Altlasten im Sicherheitsbereich beginnen. Vor allem mit den umstrittenen Verhörmethoden, die der US-Geheimdienst während der Bush-Jahre angewandt hat, soll der neue Direktor nichts zu tun haben. Laut "Wall Street Journal" habe Obama auch angekündigt, den Posten des Geheimdienstkoordinators dadurch zu entpolitisieren, dass man dem Direktor längere Amtszeiten verordnet, ähnlich der Regelung bei der Bundespolizei FBI, deren Chef für je fünf Jahre ernannt wird. Eine Legislaturperiode in den USA dauert nur vier Jahre.
Zu unverblümt für Rumsfeld
Die Nominierung eines weiteren Militärs auf diesem für die nationale Sicherheitspolitik neuralgischen Posten könnte nach Einschätzung des "Wall Street Journals" für anhaltende Spannungen unter den Mitarbeitern der Geheimdienste sorgen, in denen zivile Angestellte und Angehörige der Armee nicht immer reibungslos zusammenarbeiten. Ohnehin steht Blair, sollte er tatsächlich von Obama ernannt werden, eine tiefgreifende Strukturreform der Geheimdienste bevor. Unter anderem ist schon seit längerem die Gründung einer Intelligence Agency im Gespräch, die sich Sicherheitsproblemen im Inland widmen soll. Konflikte mit dem FBI dürften dabei programmiert sein. Auch das wachsende Problem der Datensicherheit im Internet soll zügig angegangen werden.
Der Ex-Admiral Blair, ehemaliger Oberbefehlshaber des Pazifikkommandos, dürfte mit insgesamt 34 Jahren Dienstzeit in der U.S. Navy genug Expertise im Umgang mit großen, verzweigten Organisationsformen und Hierarchiesystemen haben. Zudem diente er in den neunziger Jahren eine Zeitlang als Verbindungsoffizier zwischen Navy und CIA.
Schon einmal, 2001, stand Blair vor dem Sprung in die politische Karriere, als der damalige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld ihn für das wichtige Amt des Top-Militärberaters im Weißen Haus ins Auge fasste. Der langjährige Freund der Clintons war dem Republikaner Rumsfeld aber laut "New York Times" zu unverblümt in seiner Meinung und politisch zu unabhängig.
Keine unbefleckte Weste
Ganz unbefleckt ist Blairs Weste dennoch nicht: 2006 musste er als Präsident des Institute for Defense Analysis, einem gemeinnützigen Forschungssnstitut, zurücktreten, weil Vorwürfe laut geworden waren, er gerate in einen Interessenkonflikt. Tatsächlich saß Blair zu jener Zeit, als das Institut für das Pentagon eine Bewertung des Kampfbombers F-22 erstellen sollte, im Aufsichtsrat eines der Unternehmen, die als Zulieferer für das Waffenprogramm arbeiteten. US-Medien zufolge könnte die Affäre eine Hürde darstellen, wenn es darum geht, Blairs Nominierung als Geheimdienstkoordinator durch den Kongress zu bringen. Nicht namentlich genannte Abgeordnete sagten jedoch der "Los Angeles Times", sie rechneten nicht mit größeren Widerständen gegen Blair.
Barack Obama hat damit in Rekordzeit seine Regierungsmannschaft zusammengestellt. Gut sechs Wochen nach der Wahl und einen Monat vor seinem Amtsantritt vergab er am Freitag die letzten Ministerposten. Er setzte bei seinen Nominierungen größtenteils auf Erfahrung und berief gestandene Demokraten aus dem Kongress, ehemalige Gouverneure sowie mit Verteidigungsminister Gates und Verkehrsminister Roy La Hood auch zwei Republikaner, die bereits Mitglieder der Regierung George W. Bushs waren, in seine Administration.
Obama begründete die Eile mit den enormen Problemen , denen das Land gegenüberstehe. Er warnte zugleich vor allzu großen Hoffnungen auf eine Besserung der Lage. Es könnte Jahre dauern, bis sich die USA wieder wirtschaftlich erholt hätten.
Am Samstag traf Obama mit seiner Familie in seinem Heimatstaat Hawaii zu einem zwölftägigen Weihnachtsurlaub ein.