US-Vorwahl in Nevada Romney punktet erstmals bei Tea-Party-Leuten

Triumph in Nevada: Romney lässt sich von seinen Anhängern bejubeln
Foto: RICK WILKING/ REUTERSEr hat kein einziges Wort mehr für den Konkurrenten übrig. Nicht ein einziges. So sehen Sieger aus. So wie Mitt Romney an diesem Abend in Las Vegas. Rund 45 Prozent der Stimmen hat er gerade abgeräumt beim Nevada-Caucus, Kontrahent Newt Gingrich schafft nur etwa die Hälfte, liegt aber noch vor dem Radikal-Liberalen Ron Paul.
Welch' ein Triumph für Romney in dem Wüstenstaat, der zwar nicht mal drei Millionen Einwohner hat, im November aber die Präsidentschaftswahl entscheiden könnte: Nevada ist ein klassischer "Swing State", mal siegt hier ein Demokrat, mal ein Republikaner. Vor vier Jahren gewann Barack Obama.
Und Obama, der Präsident, ist jetzt der letzte verbliebene Gegner für Romney - so inszeniert der zumindest seinen Siegerauftritt im "Red Rock Casino" am westlichen Rand der Glitzerstadt. "Amerika hat genug von Ihrer Art der Hilfe", ruft er virtuell Obama zu. Der Präsident habe das Land nur immer tiefer in die Wirtschaftskrise gesteuert. Dass gerade zuletzt die Arbeitslosenquote wieder gesunken ist? Spielt für Romney keine Rolle. "Das liegt an den Menschen in der Privatwirtschaft, nicht an Ihnen!"
So geht das noch ein bisschen weiter bei Romney in Las Vegas. Er will für die "Seele Amerikas" kämpfen, dessen "Größe wiederherstellen", und träumt sich ins Oval Office: "Das ist nicht das erste Mal, dass Ihr mich unterstützt", ruft er den jubelnden Anhängern im Saal unter Anspielung auf seinen Vorwahlsieg hier vor vier Jahren zu: "Aber dieses Mal komme ich bis ins Weiße Haus!"
Es ist ein starker Auftritt, den Mitt Romney da hinlegt. Ganz anders sieht das zwanzig Kilometer weiter östlich aus. Da tritt Newt Gingrich im Protzhotel "Venetian" auf - allerdings nicht vor Anhängern, sondern nur vor Journalisten.
Gingrich attackiert Romney, Romney attackiert Obama
Was hat denn das zu bedeuten? Wird der Mann jetzt erklären, dass an diesem Punkt Schluss ist für ihn, dass er aus dem Rennen aussteigt? Keineswegs. "Ich werde mich nicht zurückziehen", sagt Gingrich gleich zu Beginn. Er werde "bis Tampa" im Rennen bleiben, bis zum Republikaner-Parteitag in Florida also, wo im Spätsommer die Delegiertenstimmen zusammengezählt werden, die die Kandidaten auf ihrem langen Weg durch die Staaten eingesammelt haben werden. "Der Kontrast zwischen mir und Romney wird in den nächsten Wochen immer klarer werden", gibt sich Gingrich selbstgewiss.
Romneys Sieg? Erkennt Gingrich nicht wirklich an. Schon nach seiner Niederlage in Florida verweigerte er Romney die Gratulation. Jetzt sagt er, der Rivale habe ihn mit all seinem Geld, seinen negativen Anzeigen überflügelt. "Wenn das Romneys einzige Möglichkeit ist, mich zu schlagen - wie will er das im Herbst machen? Obama wird er finanziell nicht überflügeln können."
Es ist ein altbekanntes Muster, zu dem die beiden Kontrahenten an diesem Abend zurückfinden: Gingrich attackiert Romney, Romney verlegt sich auf Obama.
So hielten sie es schon bis zu den Vorwahlen in South Carolina, die Gingrich überraschend deutlich gewinnen konnte. In der Folge änderten Romneys Leute die Taktik, richteten alle Feuerkraft auf Gingrich, steckten Millionen Dollar in aggressive Radio- und TV-Werbung. "Flächenbombardement", empörte sich Gingrich; "Blitzkrieg", konstatierte die "Washington Post".
Doch das Bombardement hat Wirkung gezeigt. Gingrich ist gestoppt, Romney kehrt zu seinem präsidialeren Stil zurück. Bezeichnend, dass er Brett O'Donnell nicht mehr weiterbeschäftigt - jenen Debatten-Coach, den er sich nach der South-Carolina-Niederlage ins Team geholt hatte. O'Donnell hatte Romney mehr Aggressivität eingehaucht, in zwei TV-Diskussionen konnte er Gingrich so in die Schranken weisen. Das Magazin "Politico" berichtet nun, es habe Romneys Wahlkampfteam nicht gefallen, wie O'Donnell in einigen Medien für den Erfolg des Kandidaten verantwortlich gemacht wurde.
Romney mimt den "Turnaround Guy"
Bedeutete der hart erkämpfte Sieg vor einer Woche in Florida den Durchbruch für Mitt Romney auf dem Weg zur Präsidentschaftskandidatur, so leitet der Triumph in Nevada nun seinen Endspurt ein. Romney hat in dem von der Immobilienkrise und Zwangsversteigerungen geplagten Bundesstaat gezeigt, dass sein Generalthema verfängt: die Wirtschaft. Der Multimillionär Romney inszenierte sich als der "Turnaround Guy", als Kerl, der die Verhältnisse zum Besseren wenden kann. Keine Überraschung, dass der Mormone Romney auch bei seinen in Nevada stark vertretenen Glaubensbrüder gepunktet hat: Über 90 Prozent der Stimmen aus dieser Gruppe kann er für sich verbuchen.
Erstaunlich und beachtenswert aber: Nevada ist die bisher erste Vorwahl, in der der moderate Romney bei der Rechtsaußen-Basis seiner Partei signifikanten Erfolg hat. Den Zahlen von CNN zufolge hat etwa die Hälfte aller Tea-Party-Anhänger unter den republikanischen Wählern für Romney gestimmt; nur ein Viertel stimmte demnach für Gingrich. Das ist deshalb bedeutsam, weil Nevada als Hochburg der Ultrakonservativen gilt, 74 Prozent der Republikaner hier bezeichnen sich als Unterstützer der Tea Party.
Dabei hatte sich doch eigentlich Gingrich auf diese Klientel konzentriert. Der Mann, der drei Jahrzehnte als zeitweise ranghöchster Republikaner und später als Lobbyist in Washington werkelte, warb für sich als den Anti-Establishment-Kandidaten. Zuletzt gewann er auch die Unterstützung von Tea-Party-Ikone Sarah Palin sowie des bei den Wutbürgern beliebten Ex-Präsidentschaftsbewerbers Herman Cain. Genutzt hat das in Nevada alles nicht.
Gingrich letzte Hoffnung ist der "Super Tuesday"
Und es wird auch den gesamten Februar über nichts nutzen. Am Dienstag schon stimmen Colorado, Minnesota und Missouri ab, der mehrtägige Caucus in Maine läuft bereits. Ende des Monats warten noch Arizona und Michigan, der Staat, den einst Romneys Vater George regierte. Es wird ein guter Monat für Romney - und ein überaus bitterer für Gingrich. Er setzt nun ganz auf den "Super Tuesday", den 6. März - jenen Tag, an dem in zehn Staaten gleichzeitig gewählt wird, darunter in einigen eher Gingrich gewogenen Südstaaten.
Um auf lange Sicht weiterzumachen braucht der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses allerdings eine Menge Geld - das er bisher nicht hat.
Gingrich muss nun auf Sheldon Adelson hoffen, jenen Casino-Mogul, der ihm zuletzt mit zehn Millionen Dollar unter die Arme gegriffen hatte, um gegen Romneys Angriffe aufzurüsten. Wird jetzt weiteres Geld fließen? Wie viel ist der gut 20 Milliarden Dollar schwere Adelson, Gingrichs einziger Großspender, überhaupt noch bereit zu investieren?
Nach Informationen der "New York Times" haben Romney-Unterstützer gerade sanft versucht, Adelson von weiteren Finanzspritzen für Gingrich abzubringen. Fred Zeidman, einer von Romneys Spendensammlern und Freund Adelsons, wird von der Zeitung zitiert: "Sheldon will Newt so lange im Rennen halten, wie der das möchte. Aber in dem Moment, in dem er das Rennen verlässt, wird er sein Geld und seine Energie seinem alles überragenden Ziel widmen: Barack Obama zu schlagen."
Klar, sagt Gingrich, er würde im Fall seiner Aufgabe ja ebenfalls Romney unterstützen. Dann aber fügt er an: "Eine Wahl zwischen Obama und Romney? Das ist doch keine Wahl."