Fotostrecke

Fotostrecke: Was aus New Hampshire folgt

Foto: JIM BOURG/ REUTERS

US-Vorwahldrama Fünf Lehren aus New Hampshire

Donald Trump triumphiert - aber was bedeutet das für seine Rivalen bei den Republikanern? Und was folgt aus der Schlappe von Hillary Clinton? Die wichtigsten Punkte zu den Vorwahlen in New Hampshire.

Zum Abschied ein Selfie: Nach seiner Siegesrede twitterte Donald Trump schnell noch ein Foto - die ganze, strahlende Familie an Bord seiner Boeing 757, kurz vor dem Heimflug nach New York. Es war der perfekte Ausdruck seines Polit-Stils: Glamour, Kitsch, Narzissmus.

Die Vorwahlen im Bundesstaat New Hampshire sollten eigentlich für Klarheit sorgen im Rennen um die Präsidentschaftskandidaturen der beiden großen US-Parteien. Stattdessen war am Ende nur klar, dass noch nichts klar ist. Die fünf wichtigsten Lehren dieser dramatischen Nacht.

1. Trump ist nicht zu bremsen
Angezählt nach dem Caucus in Iowa, zeigte es der Immobilienmogul jetzt seinen Kritikern. Trumps Aufstieg ist mehr als nur ein Medienphänomen: Er siegte quer durch die Bank - bei Konservativen, Moderaten, Männern, Frauen, Jungen, Alten. Seine klebrige Melange aus Celebrity, Schmähung und Schmeichelei betörte selbst die cool-kritischen Wähler des Neuengland-Staats, für die er seine Pöbeleien clever modulierte - leise statt laut, Townhall-Runden statt Massen-Rallys. Zugleich verwandelte Trump die Wut aufs System, die auch in New Hampshire brodelt, mit klassischen Wahlkampfmitteln in Stimmen: Eine Armee von Freiwilligen zog von Tür zu Tür und rief bis zuletzt noch Tausende Wähler an, um sie zur Stimmabgabe zu bewegen. Diese Methoden will er nun auch landesweit anwenden - in der Überzeugung, dass sein "Momentum" nicht mehr aufzuhalten ist.

2. Der US-Wahlkampf wird eine lange, teure Tortur
Viele Republikaner hatten erwartet, dass sich spätestens in New Hampshire ein würdiger Herausforderer für Trump zeigt. Doch Fehlanzeige: Zwar gab es etwas Bewegung in der zweiten Liga (John Kasich stieg auf, Marco Rubio stürzte ab), doch letztlich blieb das Feld der Anti-Trumps zersplittert und zerstritten. Weder die sogenannten Establishment-Kandidaten noch die Tea-Party-Favoriten bekamen genug Stimmen, um Trump gefährlich zu werden. Statt sich gegen Trump zu verbünden, bekämpfen sie sich lieber - beflügelt von der Illusion, als Letzter durchzuhalten, und der Hoffnung, dass das obskure System der Delegiertenverteilung doch noch ein Hintertürchen bietet. Dabei stehen die nächsten Kandidaten schon fest, die aufgeben (Ben Carson, Carly Fiorina, Chris Christie). Die anderen werden weitermachen, so lange das Geld reicht - und es vielleicht sogar zu einer Kampfabstimmung beim Nominierungsparteitag im Juli kommt.

3. Sanders stürmt auf die große Bühne
Sie hatte eine Niederlage erwartet, aber mit mehr als 20 Prozentpunkten Abstand zu Bernie Sanders dann doch nicht eine so schwere Schlappe: Für Hillary Clinton war die Vorwahl in New Hampshire ein Debakel. Auf ihrer Feier lächelte sie die Pleite weg, aber klar ist: Sie wird ihre Kampagne neu justieren und eine echte Botschaft entwickeln müssen. Ob Enthusiasmus oder Authentizität: All das, was Sanders ausmacht, scheint ihr zu fehlen. Für den 74-jährigen Senator hingegen war es ein großer Abend. Lange wurde er von Clinton und anderen führenden Demokraten als verschrobener Zeitgenosse belächelt, dessen Kandidatur sich spätestens erledigt, sobald es in demografisch diversere Staaten als Iowa und New Hampshire geht. Doch der deutliche Sieg gibt ihm nun die Chance, sich dem breiteren amerikanischen Publikum noch einmal neu vorzustellen. Geld genug hat er über seine unzähligen Kleinspender, um die nächsten, wichtigen Vorwahlen organisatorisch zu meistern.

4. Zwei Revolten gegen die alte Garde
Die Siege von Trump und Sanders zeigen, dass in beiden Parteien eine Revolte gegen die alte Garde stattfindet. Der Unmut über die herkömmlichen Regeln, nach denen die Politik in Washington funktioniert, ist bei der Basis von Republikanern und Demokraten gewaltig. Trump und Sanders spielen in ihren Parteien eine ähnliche Rolle, indem sie den Ärger abfangen und teils noch weiter anfachen. Ihre Rezepte aber unterscheiden sich. Während Trump einen Aufstand der Unanständigen anführt und gegen sämtliche Anstandsregeln zu Felde zieht, gibt Sanders den linken Erlöser, der es den unterprivilegierten Amerikanern finanziell etwas angenehmer macht und für mehr Mitsprache in der Politik sorgt. In beiden Parteien fehlt bislang eine Antwort auf diese Rebellion, und besonders bei den Republikanern wird die Frage interessant sein, ob sie noch kommt.

Videoanalyse: Revolte gegen das Establishment

SPIEGEL ONLINE

5. Der Kampf um die Minderheiten beginnt
Die Vorwahlen gehen nun in die nächste Phase, Ende Februar wählen South Carolina und Nevada, am 1. März etliche Südstaaten. Dort sind teils deutlich mehr Delegierte zu verteilen als in Iowa und New Hampshire. Das dürfte die Auseinandersetzung auf beiden Seiten schärfer machen. Bei den Republikanern droht ein regelrechter Krieg der Establishment-Kandidaten um die Rolle des Trump-Killers. Bei den Demokraten dürfte Sanders den Fluch des Erfolgs zu spüren bekommen. Je stärker ein Kandidat wird, desto mehr wird sein Leben durchleuchtet - das wird bei ihm nicht anders sein als bei anderen auch. In South Carolina und Nevada muss er zeigen, ob er auch bei schwarzen Amerikanern und Latinos punkten kann - jenen wichtigen und vor allem in den Südstaaten starken Wählergruppen, bei denen sich Clinton tiefer verankert sieht als ihr Rivale. Es droht ein Kampf um die Minderheiten.

Video: Triumph für Trump und Sanders in New Hampshire

SPIEGEL ONLINE
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren