Kündigungsflut in Trumps Regierung Raus aus dem Außenamt

Und tschüs: Das US-Außenministerium verlor an einem Tag fast seine gesamte Führungsetage. Der kollektive Abgang legt die diplomatische Schaltstelle Amerikas lahm.
Rex Tillerson

Rex Tillerson

Foto: JONATHAN ERNST/ REUTERS

Patrick Kennedy ist ein diplomatisches Urgestein. Der 68-Jährige verbrachte seine gesamte Karriere, ja, zwei Drittel seines Lebens am US-Außenministerium. Seit 1973 diente er Republikanern wie Demokraten, von Richard Nixon bis Barack Obama, war in Bagdad, Kairo, Paris und an der Uno stationiert. Seit 2007 war er Staatssekretär für Management - die dritthöchste Position im State Department.

Doch am Donnerstag fand Kennedys illustre Laufbahn ein jähes Ende.

Alles ging ganz schnell. Vormittags traf der neue Außenminister Rex Tillerson in Foggy Bottom ein, dem alten Viertel Washingtons, das dem Amt seinen Spitznamen gibt. Tillerson, zuvor Vorstandschef des Ölmultis ExxonMobile, bat die wichtigsten Spitzenbeamten des Departments zu sich, um sich vorzustellen.

Es wurde ein Abschied. Kennedy und drei weitere langjährige Top-Diplomaten - zwei Unterstaatssekretärinnen und der Leiter der Auslandsmissionsabteilung - legten nach dem Treffen ihre Ämter nieder, wie Ministeriumskreise SPIEGEL ONLINE bestätigten. Oder wurden gefeuert, je nachdem, wem man glaubt.

Damit verlor das State Department - eine der komplexesten Behörden der Welt - an einem Tag fast seine komplette Führungsetage. Es war der Höhepunkt eines beispiellosen Phänomens: der mal freiwillige, mal erzwungene kollektive Exodus von Regierungsbeamten unter dem neuen US-Präsidenten.

37 der 50 Chefposten unbesetzt

Eine Woche nach Donald Trumps Amtsantritt, während bereits mehrere internationale Konfrontationen köcheln, liegt Amerikas diplomatische Schaltstelle lahm. Der Ministerposten mag zwar neu besetzt sein. Doch in den Büros darunter herrscht plötzliche Leere. Die einen sind entsetzt geflohen, die anderen fielen der großen Trump-Säuberung zum Opfer: Auf einem aktualisierten Organigramm des State Departments waren 37 der insgesamt 50 Chefpositionen als neuerdings "unbesetzt" durchgekreuzt - darunter auch beide Vizeminister.

Patrick Kennedy

Patrick Kennedy

Foto: Manuel Balce Ceneta/ AP

Alle US-Botschafter im Ausland mussten schon am Tag von Trumps Amtsantritt ihre Posten räumen. Normalerweise wird ihnen eine Karenzzeit gewährt, um ihre Familien auf die Rückkehr in die USA vorzubereiten. "Trump räumt auf", hieß es. Mehrere Außenstaatssekretäre kündigten außerdem in der vergangenen Woche bereits von sich aus.

Video: Trumps diplomatische Tiefpunkte

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Das US-Außenministerium fliegt blind

Personalwechsel nach US-Präsidentschaftswahlen sind zwar Routine. Doch nur bei "politischen Posten" und höchst selten bei Karrierebeamten wie Patrick Kennedy. "Dies ist der größte Verlust an institutionellem Gedächtnis, an den sich hier jemand erinnern kann", sagte Kerrys Ex-Stabschef David Wade der "Washington Post" . "Diese Kompetenz ist sehr schwer zu ersetzen."

Sprich: Das Außenministerium fliegt blind. So etwas hat Folgen für die Rolle der USA in der Welt und nicht zuletzt auch für die nationale Sicherheit.

"Kennedy ging in das Meeting, um den neuen Minister kennenzulernen und mit ihm weiter zusammenzuarbeiten", hieß es in Washington. "Anschließend sah er darin keinen Wert mehr." Mark Toner, der von John Kerry übernommene Nochpressesprecher, hielt dagegen: Alle "politischen Beamten" hätten "wie üblich" mit Trumps Amtsantritt Rücktrittsschreiben vorlegen müssen.

"Sein Weggang ist nicht wiedergutzumachen"

Doch Kennedy war eben kein "politischer Beamter". Die Partei des Präsidenten hatte für den Diplomaten - der manchmal mit seinem Namensvetter verwechselt wird, dem Sohn des Ex-Senators Ted Kennedy - nie eine Rolle gespielt. Weder, als er für Bill Clinton das Ministerium intern managte, noch als Stabschef der Irak-Koalitionsverwaltung unter George W. Bush. "Pat wusste mehr über das Ministerium als sonst einer", hieß es. "Sein Weggang ist nicht wiedergutzumachen."

Kennedy war bei den Republikanern schon länger unbeliebt - spätestens seit den Untersuchungen zu dem Terroranschlag auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi im September 2012, die zur Hexenjagd auf Hillary Clinton wurden: Er soll mitverantwortlich gewesen sein, dass die Außenstelle militärisch nicht ausreichend gesichert war.

2007 leitete Kennedy ein Ermittlungsteam gegen die US-Söldnerfirma Blackwater, deren Mitglieder in jenem Jahr in Bagdad 17 irakische Zivilisten erschossen hatten. Vier Blackwater-Mitarbeiter wurden später teils wegen Mordes verurteilt. Blackwater-Gründer Eric Prince, der später als CIA-Agent enttarnt wurde, ist der Bruder von Betsy DeVos, die Trump jetzt als US-Bildungsministerin nominiert hat. Der Kreis schließt sich.

"Alle sind unsicher", hieß es. "Keiner weiß, wer nächste Woche noch einen Job hat."

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