US-Pressefreiheit Der lange Kampf des Reporters James R.

Der Fall des investigativen Reporters James Risen sorgt in den USA für Aufregung: Seit Jahren weigert er sich beharrlich vor Gericht, seine Quellen zu offenbaren. Selbst das Verfassungsgericht will ihm nicht aus der Klemme helfen. Muss er jetzt ins Gefängnis?
Journalist Risen: Angriff auf die Pressefreiheit

Journalist Risen: Angriff auf die Pressefreiheit

Foto: Alex Wong/ Getty Images

Berlin - James Risen ist Journalist, für die "New York Times" schreibt er über die amerikanischen Geheimdienste. Im Jahr 2006 erschien sein Buch "Kriegszustand" über die Zusammenarbeit der Regierung des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush mit dem Auslandsgeheimdienst CIA. Für die Recherche seines Buchs soll Risen mehrfach mit dem CIA-Agenten Jeffrey Alexander Sterling Kontakt gehabt haben. Sterling soll dem Journalisten dabei interne Informationen über das iranische Atomwaffenprogramm verraten haben. Später veröffentliche Risen entsprechende Berichte in seinem Buch, nannte Sterling aber nicht als Quelle.

Trotzdem hat die Veröffentlichung der geheimen CIA-Berichte ein Nachspiel für die beiden: Weil die US-Regierung die Gespräche zwischen Risen und Sterling abhörte und deren E-Mail-Verkehr mitlas, muss Sterling sich seit dem Jahr 2008 wegen Geheimnisverrats vor einem amerikanischen Strafgericht verantworten. Das Verfahren dauert bis heute an. Seit Prozessbeginn ist auch James Risen als Zeuge geladen, er soll den Kontakt zwischen ihm und Sterling vor Gericht bestätigen. Doch seit sechs Jahren verweigert er beharrlich die Aussage, weil er seine Quellen nicht preisgeben will.

Wie die amerikanische "Huffington Post" berichtet, drohen staatliche Ermittler Risen deshalb sogar mit einer Gefängnisstrafe. Sie argumentieren, dass die Ermittlungen im Fall Sterling der nationalen Sicherheit dienten. Risen wiederum beruft sich auf die in der Verfassung garantierte Pressefreiheit, die ihn als Journalist davor schütze, die Identität seiner Quellen offenlegen zu müssen. Doch der zuständige Strafgerichtshof in Richmond im US-Bundesstaat Virginia lehnt diese Argumentation ab.

Um sich vor dem Zugriff der Justiz zu schützen, wandte sich Risen im vergangenen Jahr dann an den Supreme Court, das oberste amerikanische Verfassungsgericht: Die Richter sollten entscheiden, ob ein Journalist sich von den Richtern in die Karten schauen lassen müsse. Doch nun erhielt Risen einen Dämpfer: Kommentarlos lehnte der Supreme Court seine Anfrage Anfang dieser Woche ab, das Gericht werde sich überhaupt nicht mit seinem Fall beschäftigen, hieß es.

Journalisten und Verleger in den USA sind über die brüske Absage des Gerichts empört: "Das Verfassungsgericht hat beim Schutz der Rechte von Journalisten versagt", schimpft Myron Belkind, Präsident des National Press Clubs, der größte Journalistenverband des Landes. Reporter wie James Risen seien auf "vertrauliche Quellen angewiesen, die ihnen Informationen beschaffen, die die Öffentlichkeit betreffen". Dass dies nicht bis zum obersten Gericht der USA vordringe sei "besorgniserregend", findet Belkind. Ähnlich äußert sich auch der Dean Baquet, Chefredakteur der "New York Times".

Mögliches Friedensangebot von Holders?

Vor Gericht hatte Risen erklärt, er würde eher ins Gefängnis gehen, als seine Informanten zu verraten. Doch wird es nun wirklich so weit kommen? Bei einem Treffen mit Journalisten erklärte der amerikanische Generalbundesanwalt Eric Holder, solange er seinen Job mache, werde "kein Journalist ins Gefängnis gehen, weil er seine Arbeit macht". Zwar erklärte das amerikanische Justizministerium daraufhin, Holder habe keine Namen genannt. Doch die amerikanische Presse interpretiert Holders Worte als mögliches Friedensangebot in die Richtung von Reporter James Risen.

Dem CIA-Agenten Jeffrey Sterling droht ein ähnliches Schicksal wie Chelsea Manning, der ehemaligen US-Soldatin, die interne Informationen der US-Armee an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergegeben hatte. Wie Manning wurde auch Sterling unter dem Espionage Act angeklagt, einem Anti-Spionage-Gesetz aus dem Jahr 1917. Ein Militärgericht hatte Manning im vergangen Jahr zu 35 Jahren Haft verurteilt.

Ohnehin gilt die Regierung von Präsident Obama als besonders streng im Umgang mit Geheimnisverrätern und kritischen Journalisten: Während Barack Obamas Amtszeit wurden mehr Journalisten unter dem Espionage Act angeklagt als in allen anderen Präsidentschaften zusammen.

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