Nach formalem Wahlsieg Bidens
Trump kündigt geordnete Machtübergabe an
Nun ist es amtlich: Joe Biden hat die Präsidentschaftswahl in den USA gewonnen. Nachdem der Kongress seinen Sieg zertifiziert hat, will nun auch Trump den Weg frei machen. Mit dem Wahlausgang sei er aber nicht einverstanden.
Die Amtsgeschäfte würden am 20. Januar geordnet übertragen, betonte Trump nach einer vom stellvertretenden Stabschef Dan Scavino per Twitter verbreiteten Mitteilung am Donnerstag. Trump bekräftigte zugleich, dass er nicht mit dem Ausgang der Wahl einverstanden sei.
Im formalen Nach-Wahl-Prozedere der USA ist vorgeschrieben, dass die Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten im Kongress zertifiziert werden. Erst dann ist amtlich, wer die Wahl gewonnen hat. Üblicherweise ist dies eine schnelle formelle Prozedur.
In diesem Jahr ist es jedoch der dramatische Schlusspunkt eines beispiellosen Feldzugs von Amtsinhaber Trump gegen den Wahlausgang. Der Republikaner hatte die Wahl Anfang November mit deutlichem Abstand gegen seinen demokratischen Herausforderer Biden verloren. Doch er weigerte sich, seine Niederlage einzugestehen, und behauptete, ohne Beweise dafür vorzubringen, er sei durch massiven Wahlbetrug um den Sieg gebracht worden. Dutzende Klagen des Trump-Lagers wurden bislang von Gerichten abgeschmettert, auch vom Obersten US-Gericht.
Das Repräsentantenhaus und der Senat hatten sich bereits am Mittwochmittag (Ortszeit) versammelt, um die Ergebnisse der US-Präsidentenwahl offiziell zu bestätigen. Über Wochen hatte Trump diesen Tag der Kongresssitzung – ohne jede Grundlage – als letzte Möglichkeit dargestellt, den Wahlausgang noch umzustürzen. Angetrieben durch seine Wahlbetrugsbehauptungen legten Republikaner im Kongress Einsprüche gegen die Wahlergebnisse aus den Bundesstaaten Arizona und Pennsylvania ein. Die Kongresskammern wiesen beide Einsprüche ab.
Zudem strömten Tausende Trump-Anhänger in die US-Hauptstadt, um gegen die Zertifizierung des Wahlausgangs zu protestieren. Kurz vor dem Start der Kongresssitzung trat Trump nahe dem Kapitol vor seinen Anhängern auf, wiederholte seine unbelegten Wahlbetrugsbehauptungen und rief seine Unterstützer auf, zum Kapitol zu ziehen. Sie dürften sich den »Diebstahl« der Wahl nicht gefallen lassen.
Trump-Unterstützer marschierten daraufhin vor dem Kapitol auf. Randalierer stürmten das Kongressgebäude. Die beiden Kongresskammern mussten ihre Sitzungen abrupt unterbrechen.
Vier Tote bei Sturm auf Kapitol
Nach dem Eindringen von Trump-Unterstützern wurde im US-Kapitol eine Frau angeschossen und starb wenig später, wie der Chef der Polizei in der US-Hauptstadt, Robert Contee, in der Nacht zum Donnerstag sagte. »Darüber hinaus wurden heute drei weitere Todesfälle aus der Umgebung des Kapitols gemeldet«, sagte er.
Der künftige US-Präsident Biden sprach von einem Angriff auf die Demokratie. Auch international lösten die Unruhen in den USA Besorgnis und Schockreaktionen aus.
Trump meldete sich während der Ausschreitungen mehrfach auf Twitter zu Wort, unter anderem mit einer Videobotschaft, in der er seine Anhänger aufrief abzuziehen. Er verstehe den Ärger über den Ausgang der Wahl, »aber ihr müsst jetzt nach Hause gehen«, sagte Trump in dem Clip. Zugleich sagte er an die Adresse seiner Anhänger: »Wir lieben euch.« Später schrieb er in einem weiteren Tweet, solche »Dinge und Geschehnisse« passierten eben, wenn »ein Erdrutschsieg« gestohlen werde. »Erinnert euch für immer an diesen Tag!«, schob er nach. Twitter sperrte Trumps Konto schließlich für zwölf Stunden.