US-Justiz unter Trump Goldene Zeiten für Privatknäste

Private Gefängnisse sollten in den USA eigentlich abgeschafft werden. Doch mit Donald Trump erleben die Knäste einen neuen Boom. Sehr zur Freude der Investoren.
Privates Gefängnis in Arizona

Privates Gefängnis in Arizona

Foto: Ricardo Arduengo/ AP

Seit Donald Trumps Wahlsieg freuen sich die US-Börsen. Im August knackte der Dow-Jones-Index die 22.000-Punkte-Marke, der dritte Rekord in kurzer Folge. Trotzdem bleibt umstritten, wie weit der Aufwärtstrend wirklich mit Trump zu tun hat - und wie lange er noch hält. Schon warnen manche vor einem unvermeidlichen Crash.

So oder so: Die Deutsche Bank hat mindestens zwei vorerst krisensichere Werte entdeckt. In einem Analystenbericht zeigte sie sich zuletzt äußerst optimistisch über diese beiden US-Firmen, deren Aktien sie als "Buy", also als Kauf, empfiehlt: Dank Trumps Politik hätten sie noch viel mehr Potenzial für steigende Kurse.

Bei den Unternehmen handelt es sich um CoreCivic (CXW) und die GEO Group - die zwei größten privaten Gefängnisbetreiber Amerikas.

Trumps knallharte Law-and-Order-Linie, die sich bisher in der verschärften Festnahme mutmaßlich illegaler Einwanderer offenbart, "bekräftigt unseren Optimismus", schreibt Deutsche-Bank-Analyst Kevin McVeigh in dem Report. Die US-Strafvollzugsbehörde BOP und der Grenzschutz rechneten fürs Haushaltsjahr 2018 mit einem Zusatzbedarf von rund 12.000 Gefängnisbetten - wovon eben auch die privaten Einrichtungen profitierten.

Die USA sperren ohnehin so viele Menschen ein wie kaum ein anders Land: Fast 1,7 Millionen Amerikaner sitzen hinter Gittern  - rund jeder Zehnte davon in gewinnorientierten Privatknästen, da die staatlichen Gefängnisse restlos überfüllt sind. Diese kontroverse Praxis wird von Kritikern als moderne Fortsetzung der Sklaverei verurteilt, wegen der elenden Zustände und auch, weil 56 Prozent der Inhaftierten Schwarze oder Latinos sind.

Trumps Kehrtwende

Nach einem verheerenden Untersuchungsbericht hatte Trumps Vorgänger Barack Obama eigentlich beschlossen, die Verträge mit den Privatkonzernen auslaufen zu lassen. In den Anstalten komme es überproportional zu Gewalt und Todesfällen, befand das Justizministerium. Stattdessen, schrieb die damalige Vizeministerin Sally Yates im August 2016 , müssten "Sicherheit und Resozialisierung" wieder forciert werden.

Doch Trump feuerte Yates, und der neue Justizminister Jeff Sessions kassierte ihre Anordnung wieder ein. Wenig später wies er zudem alle US-Staatsanwälte an, fortan wieder höhere Strafen anzustreben, was Obama ebenfalls abgeschafft hatte.

Dieses neue "goldene Zeitalter" für Privatgefängnisse (CNN) gefällt nicht nur den Konzernen. Bereits einen Tag nach Sessions' Memo widmete die Deutsche Bank den Branchenführern CoreCivic und GEO einen ersten Research-Bericht. Die Empfehlung schon da: "Buy" - bemessen an "potentieller Betten-Aktivierung". Sprich: an der Aussicht auf mehr Häftlinge.

Auch andere setzen auf einen neuen Häftlingsboom. So sei GEO zum Beispiel "gut positioniert für neue Verträge vor allem mit staatlichen Behörden", schreibt die Wall-Street-Bank JP Morgan Chase in einem Research-Bericht vom Juli. Die Aktie sei "attraktiv", da die neue Trump-Politik "wahrscheinlich zu einem Anstieg der Gefängnispopulation und der Immigrationsfestnahmen führen wird".

JP Morgan warnt zwar vor "negativen Schlagzeilen" ("Gefängnisausbrüche, Aufstände oder andere Störungen") sowie Klagen, etwa wegen Bürgerrechtsverletzungen oder sexueller Übergriffe gegen Häftlinge. Doch werde die Konzernversicherung das alles abdecken können.

"Tödlichster Einwanderungsknast der USA"

CoreCivic ist als Immobilien-Aktiengesellschaft klassifiziert, als sogenanntes Real-Estate-Investment-Trust (REIT). Zu den institutionellen Investoren, die ihr Geld in das Vehikel gesteckt haben, gehören die großen Fondsgesellschaften Vanguard, BlackRock und Fidelity. Die CoreCivic-Aktie, die am Tag vor den US-Wahlen mit 14,19 Dollar geschlossen hatte, ist seither auf knapp 27 Dollar hochgeschossen - fast eine Verdopplung. GEO schaffte einen noch größeren Sprung, von 10,62 auf mehr als 27 Dollar (plus 150 Prozent).

Dabei geriet das 1983 als Corrections Corporation of America gegründete Unternehmen schon oft in die Kritik. Mit mehr als 70 Haftanstalten und rund 70.000 Insassen machte es zuletzt 1,7 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr. Doch immer wieder kam es in den Betrieben zu Zwischenfällen. 15 Tote gab es zwischen 2003 und 2015 allein im Eloy Detention Center in Arizona, darunter fünf Suizide. Das verschaffte der Einrichtung den unrühmlichen Titel "tödlichster Einwanderungsknast der USA".

Auf Trumps Wahlsieg hatten die Firmen offenbar schon vorab gehofft. CoreCivic sammelte im Wahlkampf 254.000 Dollar Spenden für die Republikaner und steuerte weitere 250.000 Dollar zu Trumps Vereidigungsfeierlichkeiten bei. Die GEO Group trommelte sogar 1,1 Millionen Dollar für die Republikaner zusammen.

Zwei Mitarbeiter von Sessions, der vor seinem Aufstieg zum Justizminister lange im Senat saß, wechselten im Oktober zu einer Lobbyfirma, wo sie jetzt die GEO Group betreuen.

Die Wette der Knastbetreiber auf das Law-and-Order-Duo Trump/Sessions zahlte sich aus: Unter ihnen dürfte sich die US-Gefängnisbelegschaft nun wieder erhöhen - ganz besonders auch in den Abschiebeknästen an der Grenze zu Mexiko.

Die Anleger, schreibt Analyst McVeigh, könnten dank des "verschärften Grenzschutzes" deshalb nun auf höhere Rendite hoffen. Auch der Deutschen Bank scheint die Empfehlung eher unangenehm zu sein. Auf Nachfrage erklärte ein Pressesprecher, McVeigh sei außer Haus, man könne dazu nichts weiter sagen: "Wir verzichten dankend."

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