Streit über Syrien-Offensive USA und Türkei vereinbaren Waffenruhe

Recep Tayyip Erdogan und Mike Pence: Die Türkei will den Kurdenmilizen 120 Stunden zum Abzug geben
Foto: Huseyin Aldemir/ REUTERSDie Türkei und die USA haben sich auf eine Waffenruhe in Nordsyrien geeinigt. Das sagte US-Vizepräsident Mike Pence am Donnerstag in Ankara. Den kurdischen Milizen sollen 120 Stunden zum Abzug aus der Grenzregion gegeben werden, sagte Pence. Der Abzug habe bereits begonnen. Anschließend solle die türkische Offensive ganz beendet werden.
Laut der Nachrichtenagentur Reuters soll die Zone, in der sich keine kurdischen Milizen aufhalten dürfen, 20 Meilen ab der Grenze betragen. Damit hätte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sein Ziel einer Sicherheitszone erreicht. Die hatte er vor dem Gespräch zu einer Bedingung für einen möglichen Waffenstillstand gemacht.
Der amerikanische Präsident Donald Trump twitterte, es seien "großartige Nachrichten" aus der Türkei. "Millionen Leben werden gerettet werden", schrieb er.
"Diese Einigung wäre vor drei Tagen niemals möglich gewesen", sagte Trump. Es habe "'harte' Liebe" gebraucht, um sie zu erzielen. Toll für alle. Stolz auf alle!", schrieb der US-Präsident.
Es sei ein großer Tag für die Zivilisation. "Ich bin stolz auf die USA, weil sie mir auf einem nötigen, aber unkonventionellen Weg gefolgt sind", so Trump weiter. "Glückwunsch an alle!"
Die USA wollen ihre Sanktionen gegen die Türkei bei einer dauerhaften Waffenruhe in Nordsyrien wieder aufheben. Das sagte Pence und betonte, vorerst würden keine weiteren Strafmaßnahmen gegen die Türkei verhängt. Er sagte auch, der Türkei sei außer der Aufhebung der Sanktionen nichts weiteres angeboten worden.
Der Kommandant der Syrian Democratic Forces (SDF), Maslum Abdi, kündigte an, die Waffenruhe akzeptieren zu wollen. "Wir werden alles tun, damit die Waffenruhe ein Erfolg wird", sagte Abdi. Die SDF sind ein Bündnis der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) mit kleineren arabischen Milizen.
Die Vereinbarung gelte für das Gebiet zwischen den Städten Ras al-Ain und Tall Abjad und beinhalte auch die Rückkehr von Vertriebenen in ihre Häuser und schließe demografische Veränderungen in der Gegend aus, sagte Abdi in einem Telefoninterview.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte dagegen, er wolle die Einigung nicht als "Waffenruhe" verstanden wissen. Die Offensive werde nicht gestoppt, sondern "unterbrochen". Zudem könnten nur zwei legitime Seiten eine Waffenruhe vereinbaren. Die Türkei betrachtet die YPG jedoch als Terrororganisation.
Wenn die YPG innerhalb von fünf Tagen abgezogen sei, ihre schweren Waffen abgelegt und ihre Stellungen zerstört habe, werde die Offensive aber enden, sagte Cavusoglu.
Die Türkei hatte vor rund einer Woche einen Militäreinsatz gegen die mehrheitlich kurdische YPG-Miliz in Nordsyrien begonnen. Die YPG kontrolliert dort ein großes Gebiet. Erdogan hatte noch kurz vor dem Besuch aus den USA betont, dass eine Waffenruhe nicht infrage komme, solange das Ziel nicht erreicht sei: Die Türkei will entlang der syrisch-türkischen Grenze eine sogenannte Sicherheitszone einrichten und alle Kurdenmilizen daraus vertreiben.
Für die USA waren die kurdischen Kämpfer dagegen lange Verbündete im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Der türkische Einsatz war international auf scharfe Kritik gestoßen, aber erst durch einen US-Truppenabzug aus dem Grenzgebiet ermöglicht worden. Als Reaktion hatten die USA Anfang der Woche Sanktionen gegen die Türkei verhängt. (Lesen Sie hier eine Analyse dazu.)