Trump gegen Biden Drei Szenarien für den Wahlausgang in den USA
Worst Case Verfassungskrise
US-Wahl 2020
Trump gegen Biden
Drei Szenarien
Vor vier Jahren war Donald Trump als Republikaner der Herausforderer und krasser Außenseiter gegen Hillary Clinton angetreten. Jetzt will er das Weiße Haus verteidigen. Joe Biden ist der Herausforderer - aber nach den Umfragen der Favorit. Drei Szenarien sind als Ausgang der Wahl jetzt denkbar.
SZENARIO 1
Klarer Biden-Sieg
O-Ton Christian Lammert Politologe "Wenn Biden klar siegt und wir aus den ersten Staaten deutliche Nachrichten kriegen, dass der Vorsprung groß ist und dass er auch einige der umstrittenen Staaten wiedergewinnt, die Trump überraschenderweise 2016 gewonnen hat. Dann hat Trump einfach keine Legitimation, dieses Ergebnis infrage zu stellen. Und vor allem auch die Medien würden das als Niederlage sofort kommunizieren und darüber berichten und würden Biden als Sieger darstellen."
Dann, glaubt der Politikwissenschaftler der FU Berlin, würde Donald Trump seine Niederlage ziemlich schnell eingestehen. Bei einem klaren Wahlergebnis wäre es für Trump schwierig, das Ergebnis anzufechten.
O-Ton Christian Lammert "Es muss klar sein auf zwei Ebenen. Klar, das "popular vote", dass man sieht, wie auch schon 2016 - da hat ja Clinton das "popular vote" mit drei Millionen Stimmen Vorsprung gewonnen. Also auch hier müsste ein klarer Unterschied sein. Also drei Millionen Stimmen Unterschied sollten sich schon andeuten. Aber er muss eben, Biden muss eben auch in den wichtig umkämpften Staaten gewinnen und möglichst klar gewinnen, dass es dazu keiner Nachzählung kommen muss."
Aber was wäre, wenn das Wahlergebnis zwar zu Gunsten von Biden, aber sehr knapp ausfällt?
O-Ton Christian Lammert "In einem solchen Fall ist es dann ganz wichtig zu sehen, wie andere Institutionen reagieren. Da würde ich sagen, die Medien sind da an erster Stelle zu nennen. Wenn die in bestimmten Bundesstaaten das Wahlergebnis bekannt geben und sagen, wir haben einen Gewinner. Je häufiger das vorkommt und auch wenn FOX News z.B. das macht, die ja eigentlich als Trump-Kanal gelten, dann hat Trump wenig Argumente, um das hier in Frage zu stellen."
Es komme aber auch darauf an, wie das Justizministerium reagiert.
O-Ton Christian Lammert "Die könnten dann hier Ermittlungen starten und vor die Gerichte gehen. Also ich glaube, ein knappes Wahlergebnis wird einige Diskussionen hervorrufen. Aber wenn die wichtigen Institutionen und Akteure und auch z.B. wichtige republikanische Politiker, wie der Führer im Senat, Mitch McConnell, wenn die sagen, nein, das Wahlergebnis steht fest, dann hat Trump eigentlich wenig Möglichkeiten, was auszurichten."
SZENARIO 2
TRUMP gewinnt
Ein Wahlsieg von Donald Trump ist entgegen aller Umfragen weiterhin möglich. Sollte Trump vorne liegen, würde Joe Biden das anerkennen. Das hat er im Wahlkampf deutlich zum Ausdruck gebracht. Umgekehrt hörte sich das bei Donald Trump nicht so klar an.
O-Ton Donald Trump US-Präsident "Ich hoffe, es wird eine faire Wahl. Wenn es eine faire Wahl wird, bin ich zu 100 Prozent an Bord. Aber wenn ich sehe, dass Zehntausende von Stimmzetteln manipuliert werden, kann ich das nicht zulassen."
O-Ton Joe Biden Präsidentschaftskandidat der Demokraten "Tatsache ist, dass ich es akzeptieren werde. Und er wird es auch tun. Und wissen Sie warum? Weil der Sieger feststeht, wenn schließlich alle Stimmzettel ausgezählt sind. Alle Stimmen wurden dann gezählt. Und wenn ich am Ende der Gewinner bin, gut. Wenn ich es nicht bin, werde ich das Ergebnis anerkennen."
Bei den Demokraten war es auch in der Vergangenheit üblich, eine Niederlage zu akzeptieren, auch wenn es ein knappes Rennen war.
O-Ton Christian Lammert "Wir haben das im Jahr 2000 gesehen, da wurde noch nachgezählt, weil es so knapp war zwischen Al Gore und George Bush. Aber auch da hat Al Gore, der Demokrat, gesagt Nein, wir hören jetzt hier auf. Ich habe verloren. Obwohl hinterher Nachzählungen noch Zweifel gelassen haben, ob er wirklich verloren hat. Aber ich glaube, in diese Richtung würde auch Joe Biden seine Niederlage ziemlich schnell eingestehen."
SZENARIO 3
KEIN SIEGER AM 4. NOVEMBER
Es kann passieren, dass das Ergebnis in der Wahlnacht noch nicht feststeht, weil die Briefwahlunterlagen noch nicht alle ausgezählt werden konnten. In einigen Bundesstaaten dürfen die Stimmzettel bis zu 14 Tage später eingehen und müssen berücksichtigt werden, wenn sie den Poststempel vom 3. November tragen. Wie ginge es dann weiter?
O-Ton Christian Lammert "Wichtiges Datum hier wäre dann der Dezember, weil dann werden die Stimmen der Wahlmänner und Wahlfrauen nach Washington, D.C. geschickt. Und bis dahin müssen eben in allen 50 Bundesstaaten die Ergebnisse vorliegen. Und hier ist die Befürchtung, wenn das knapp wird und Trump anfängt, diese Wahlen in Frage zu stellen, das dann auch seine Anhänger, die das ja auch schon angekündigt haben, die Milizen sich bewaffnen werden und nach Washington reisen werden, um ihren Präsidenten zu verteidigen. Und dann hätten wir das Worst-Case-Szenario in diesem Fall, dass wir bewaffnete Auseinandersetzungen sehen. (Blitz) Und das würde den ganzen Wahlkampf, die ganze Wahl delegitimieren. Und dann muss man sehen, wie sich das weiterentwickelt. Es könnte sich dann sogar in eine Verfassungskrise begeben, wenn nicht klar ist im Januar, wer eigentlich jetzt gewählter Präsident ist."
Wenn es bis zum 21. Januar keinen Wahlgewinner gibt, übernähme zunächst die Sprecherin des Repräsentantenhauses die Amtsgeschäfte, das ist derzeit die Demokratin Nancy Pelosi. Ein solches Szenario hat es noch nicht gegeben. Heute kann niemand genau wissen, meint Christian Lammert, wie die Übergangslösung tatsächlich aussehen würde. Und was das für die USA, das Land, das sich 1787 die erste demokratische Verfassung der Neuzeit gab, bedeuten würde, ist nicht auszudenken.