Guaidós Rückkehr Ich bin dann mal da

Juan Guaidó mit Ehefrau Fabiana Rosales am Montag in Caracas
Foto: CARLOS GARCIA RAWLINS/ REUTERSJuan Guaidó hat hoch gepokert - und gewonnen. Aus der vorerst letzten Episode im Showdown mit Venezuelas Präsident Nicolás Maduro geht er als klarer Sieger hervor.
Der derzeit wohl beliebteste Politiker des Landes kehrte nicht wie ein Illegaler auf geheimen Wegen über die grüne Grenze oder das Meer zurück in seine Heimat, sondern durch die Haupteingangstür: Mit einem Linienflug aus Panama über den Internationalen Flughafen von Caracas.
"Präsident, Präsident!" skandierten seine Anhänger, die sich überall im Land auf Plätzen und Straßen versammelt hatten. Übermütig erklomm der jugendlich wirkende Guaidó einen Lautsprecherturm auf der Hauptkundgebung in Caracas und winkte seinen Fans zu, er wurde bejubelt.
Video: Oppositionsführer Guaidó kehrt nach Venezuela zurück
Maduro drohte seinem Herausforderer, der sich vor sechs Wochen unter Berufung auf die Verfassung zum Interimspräsidenten ausgerufen hatte, schon vor Wochen die Festnahme an. Doch aus irgendeinem Grund hat er vorerst darauf verzichtet. Dass die Grenzbeamten am Flughafen gegen Maduros Willen handelten, als sie Guaidó einreisen ließen, ist schwer vorstellbar.
Ist der Autokrat vor den Amerikanern eingeknickt, die ihm gedroht hatten, dass ein gewaltsames Vorgehen gegen Guaidó "eine seiner letzten Entscheidungen" sein würde? Oder gab es womöglich geheime Absprachen zwischen Maduro und der internationalen Allianz, die Guaidó unterstützt, oder sogar mit ihm selbst?
Seit dem Debakel vom vergangenen Wochenende, als Guaidó mit seinem Versuch scheiterte, die humanitäre Hilfe ins Land zu bringen, gibt es trotz der radikalen Rhetorik auch Anzeichen für eine vorsichtige Annäherung: Luis Almagro, der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und ein hochmotivierter Vorkämpfer der internationalen Allianz gegen Maduro, signalisierte, dass einer Teilnahme Maduros an freien und von internationalen Beobachtern überwachten Wahlen nichts entgegenstehe.
Das sind neue Töne an der internationalen Front, die im venezolanischen Machtkampf immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Denn aus eigener Kraft sind die Venezolaner nicht in der Lage, zu einem friedlichen Ausweg aus dem Stellungskampf zu finden, das haben die vergangenen Wochen gezeigt.
Zugleich hat auch Guaidó Lehrgeld gezahlt: Er wurde auf seiner Tour durch mehrere südamerikanische Staaten zwar wie ein Präsident empfangen. Doch die befreundeten Staatschefs ließen keinen Zweifel daran, dass sie eine Militärintervention der Amerikaner in Venezuela ablehnen. Auch US-Präsident Donald Trump signalisierte trotz aller Drohgebärden, dass er eine friedliche Lösung der Venezuela-Krise bevorzugt.
Dass internationale Diplomaten - aus den USA, Europa, Lateinamerika - Guaidó ungehindert am Flughafen von Caracas in Empfang nehmen konnten, ist womöglich ein weiteres Anzeichen, dass die Dinge in Bewegung gekommen sind.
Guaidó hat durch seine triumphale Rückkehr neuen Aufwind bekommen. Das hilft ihm im internen Machtkampf innerhalb der Opposition: Seine Führungsrolle ist nun kaum noch anzufechten. Die Frage ist, ob er diesen Bonus nutzt, um Bewegung in die festgefahrene Konfrontation zu bringen, und ob auch Maduro auf neue Provokationen verzichtet.
Das werden die nächsten Tage zeigen: Wenn Maduro von weiteren Repressionen gegen Guaidó und andere Regimegegner Abstand nimmt und sich Guaidó andererseits als Staatsmann erweist und neue Energie und Fantasie in eine politische Lösung investiert, gibt es vielleicht doch noch einen friedlichen Ausweg aus dem venezolanischen Drama. Voraussetzung wäre allerdings, dass Maduro auf alle Tricks und Finten verzichtet und offene und faire Wahlen unter internationaler Aufsicht akzeptiert. Seine Verbündeten in Moskau und Peking könnten da wertvolle Überzeugungsarbeit leisten.