Venezuela Oberstes Gericht entmachtet Parlament

Die Abgeordneten sprechen von einem "Staatsstreich": In Venezuela hat der Oberste Gerichtshof dem Parlament die Kompetenzen entzogen - und auf sich übertragen.
Nationalversammlung von Venezuela

Nationalversammlung von Venezuela

Foto: FEDERICO PARRA/ AFP

Die Wirtschaftskrise in Venezuela hat sich längst zu einer Krise des politischen Systems ausgeweitet. Neuer Höhepunkt: Der Oberste Gerichtshof hat das Parlament bis auf Weiteres entmachtet - ein Schritt, der sich vor allem gegen die Opposition richtet. Solange die Nationalversammlung geltendes Recht missachte, würden die Kompetenzen des Parlaments vom Obersten Gerichtshof oder einem von ihm bestimmten Organ ausgeübt, teilte das Gericht mit.

Hintergrund ist ein tiefer Konflikt zwischen der Regierung des sozialistischen Staatschefs Nicolás Maduro und der Opposition. Maduro ist Nachfolger des 2013 gestorbenen Hugo Chávez. Er regiert seit über einem Jahr weitgehend mit Notstandsdekreten.

Die Oppositon, die im Parlament die Mehrheit hat, kämpft seit Monaten für eine Volksabstimmung über eine Amtsenthebung des Präsidenten. Sie macht ihn für die schwere Wirtschaftskrise verantwortlich, die durch den starken Ölpreisrückgang seit 2014 verschärft wurde.

Immunität aufgehoben

Die Übersetzung dieses Urteil sei einfach, sagte der Abgeordnete Miguel Pizarro: "Diktatur". Andere Abgeordnete sprachen von einem "Staatsstreich" gegen die Nationalversammlung. Es wurde eine Dringlichkeitssitzung angesetzt.

Der Oberste Gerichtshof hatte bereits im August 2016 geurteilt, dass die oppositionelle Mehrheit im Parlament gegen geltendes Recht verstoße, weil sie drei Abgeordnete vereidigt hatte, deren Mandat wegen mutmaßlichen Wahlbetrugs ausgesetzt worden war. Die Opposition sah in dieser Entscheidung den Versuch des Regierungslagers, ihren Einfluss zu verringern.

Am Dienstag hatte der Oberste Gerichtshof bereits die Immunität der Abgeordneten im venezolanischen Parlament aufgehoben. Damit ist der Weg für die Strafverfolgung von Abgeordneten frei.

Wegen Versorgungsengpässen gab es in dem südamerikanischen Land bereits mehrfach schwere Unruhen und Plünderungen. Der Präsident hat bisher jedoch alle Versuche der rechtsgerichteten Opposition abwenden können, ihn aus dem Amt zu jagen.

sep/dpa/AFP
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