Venezuela Soldaten rufen zu Putsch auf, mehrere Festnahmen
Die Ausschreitungen ereigneten sich rund 170 Kilometer westlich von Caracas: Knapp eine Woche nach der umstrittenen Wahl zur Verfassungsgebenden Volksversammlung hat es in der venezolanischen Stadt Valencia offenbar einen Aufstand mit Aufrufen zum Kampf gegen den sozialistischen Staatspräsidenten Nicolás Maduro gegeben.
Ein Augenzeuge berichtet, in der Nacht seien auf dem Gelände des Militärstützpunktes in der Stadt Naguanagua nahe Valencia Gewehrschüsse gefallen. Nach Angaben von Diosdado Cabello, einem führenden Vertreter der Sozialistischen Partei, konnte der Aufruhr schnell niedergeschlagen werden. Offenbar gab es einen Toten. Cabello sprach von "terroristischen Attacken". Im Rest des Landes gebe es keine Aufstände. "Absolute Ruhe bei den anderen Militäreinheiten."
Sieben Personen wurden nach Behördenangaben nach dem Angriff auf den Militärstützpunkt festgenommen. Das Verteidigungsministerium war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Venezuela: Ein Land im Ausnahmezustand
In einem Video erklärten mehrere Personen in Militäruniformen, sie wollten das Land zurück zur Demokratie führen und hätten einen Aufstand begonnen. Einer der Wortführer des Aufstands soll mitgeteilt haben, dass man sich gegen die Pläne für einen Umbau der verfassungsgemäßen Ordnung wende: "Dies ist kein Staatsstreich", sagte der Mann, der sich als früherer Offizier Juan Carlos Caguaripano vorstellte. "Wir verlangen die sofortige Einsetzung einer Übergangsregierung."
Und weiter: "Dies ist eine bürgerliche und militärische Aktion, um die Verfassungsordnung wiederherzustellen. Aber darüber hinaus ist es eine Aktion, um das Land vor der totalen Zerstörung zu retten."
Kritiker werfen Präsident Nicolás Maduro nach der umstrittenen Wahl zur Volksversammlung vor einer Woche vor, das Land in eine sozialistische Diktatur umzuformen. Die Versammlung wird von Dutzenden Staaten nicht anerkannt, die Gewaltenteilung ist faktisch aufgehoben, große Teile des Militärs stehen aber hinter Maduro (lesen Sie hier eine Analyse zu den Machtverhältnissen in Venezuela).
In den vergangenen Tagen war der Umbau des politischen Systems rasant vorangeschritten: Am Samstag setzte die neu installierte verfassungsgebende Versammlung Generalstaatsanwältin Luisa Ortega ab, ihr Sitz wurde vom Militär umstellt, sie darf das Land nicht verlassen. "In Venezuela ist ein Putsch gegen die Verfassung in vollem Gange", sagte Ortega zu ihrer Absetzung. Die 59-Jährige hatte mit Klagen und Einsprüchen versucht, Maduro zu stoppen. Zum Nachfolger von Ortega wurde ein Vertrauter Maduros, Tarek William Saab, ernannt.
International ist Venezuela zunehmend isoliert: Die südamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay schlossen das Land am Samstag aus dem Wirtschaftsblock Mercosur aus. Mehrere Staaten drohen zudem mit Sanktionen, die USA etwa halten sich einen Öl-Importstopp offen; Venezuela hat mit über 300 Milliarden Barrel die größten Ölreserven der Welt.
Der Chef der Oppositionspartei Leopoldo López wurde am Sonntagmorgen überraschend von einem Militärgefängnis wieder in den Hausarrest entlassen. López war am Dienstag vom Geheimdienst abgeholt worden. Er war zu fast 14 Jahren Haft verurteilt worden, weil er 2014 zu Protesten aufgerufen hatte, bei denen über mehrere Monate 43 Menschen starben. In sozialen Medien war von einer "Zuckerbrot-und-Peitsche-Taktik" Maduros die Rede, um die Opposition zu zermürben und in Unsicherheit zu wiegen.
Bei Protesten gegen die Regierung starben in Venezuela seit April über 120 Menschen. Nach monatelangen Unruhen gingen an diesem Wochenende kaum noch Menschen auf die Straßen.