Verhaftete Oppositionspolitiker Iran lässt Proteste des Westens abprallen

Oppositionspolitiker Mussawi: "Bereit zu sterben"
Foto: ? Raheb Homavandi / Reuters/ REUTERSDie iranischen Behörden bestreiten, dass die beiden Oppositionsführer Hossein Mussawi und Mahdi Karrubi mit ihren Ehefrauen ins Hochsicherheitsgefängnis Heschmatijeh gebracht wurden. Doch für die Familien steht die Verschleppung fest: "Wir betrachten unsere Eltern als entführt, als Geiseln in der Hand von Irans Regime", schrieben die Kinder Karrubis in einem auf Reform-Webseiten veröffentlichten Brief. Auch ein der grünen Protestbewegung verbundener hochrangiger Offizier der Revolutionsgarde habe die Vorgänge bestätigt, heißt es auf den Seiten von Oppositionsanhängern.
Die Verhaftung der beiden Gegner von Präsident kam nicht überraschend. Mussawi und Karrubi hatten im Sommer 2009 die manipulierten Wahlen gegen Ahmadinedschad verloren und waren in der Folge zu Symbolfiguren Proteste gegen die Abstimmung geworden.
Gegen die Demonstranten auf den Straßen ging die iranische Staatsmacht mit Brutalität, Gewalt, Haft und Folter vor. Dabei starben etwa 100 Aktivisten, über 1000 Protestierende wurden festgenommen. Gegen die Idole der Reformwilligen setzte die Staatsmächte bislang subtilere Mittel ein: Ihre Familienmitglieder wurden bedrängt, verhaftet und getötet. Karrubi wurde bei öffentlichen Auftritten gar mehrfach geschlagen. Die Büros der beiden Politiker wurden durchsucht und geschlossen, ihre Häuser umstellt. Seit zwei Wochen standen Mussawi und Karrubi und ihre Ehefrauen unter Arrest. Jede Kommunikation mit der Außenwelt - und sei es mit ihren erwachsenen Kindern - wurde ihnen verwehrt.
Die iranische Oppositionsbewegung hat für diesen Dienstag ohnehin zu Demonstrationen aufgerufen. Doch jetzt könnten die Proteste noch größer werden. Auf sozialen Medien wie Facebook und iranischen Blogs sorgte die Verhaftung von Karrubi und Mussawi am Montag schon für einen Sturm der Entrüstung. Auf der Facebook-Seite der Grünen Bewegung hieß es: "Das Regime hat die rote Linie überschritten. Morgen sind wir dran, uns gegen sie zu erheben."
Angestachelt von den Revolutionen in der arabischen Welt waren grüne Aktivisten in den vergangenen Wochen bereits zweimal auf die Straßen zurückgekehrt. Die Staatsmacht schlug brutal zu, mindestens drei Demonstranten wurden getötet, eine nicht bekannte Zahl verhaftet.
Die arabischen Proteste werden umgedeutet
Aber nicht nur auf der Straße dürfte die Verhaftung von Karrubi und Mussawi für wütende Reaktionen sorgen. "Anhänger der beiden Oppositionsführer im Parlament und den politischen Parteien werden eine Menge Lärm machen", prognostiziert Nahost-Experte Scott Lucas in einer Analyse für den Iran-Blog "Enduring America". In den kommenden Tagen würden sich sicher auch Ajatollahs die Inhaftierungen verurteilen. Der Großajatollah Jusef Sanei und Ajatollah Ali Mohammed Dastgheib hatten schon den Hausarrest der beiden Politiker scharf kritisiert. "Die Islamische Republik fühlt sich bedroht und ist mit der Verhaftung der Führer ein Risiko eingegangen" sagte Rusbeh Mirebrahimi, Iran-Experte von der Universität New York dem "Wall Street Journal".
Das Regime in Teheran versucht derweil seit Wochen, die Revolten in Tunesien, Ägypten und jetzt Libyen in seinem Sinne umzudeuten: Danach ahmen die Aufständischen dort bloß die iranische Revolution von 1979 nach. Die Saat des "islamischen Erwachens", die Iran vor über 30 Jahren ausgebracht habe, ginge nun endlich auf, sagte Ahmadinedschad anlässlich des Jahrestages der iranischen Revolution Mitte Februar.
Doch was passiert jetzt mit Mussawi und Karrubi? Teherans Regime hat in den vergangenen Wochen mehrfach gedroht, die beiden Männer wegen "Verrats" zum Tode zu verurteilen. In einer entsprechenden Petition forderten 200 Parlamentarier, Kleriker und Regime-Kader Anfang Februar, die beiden Männer gehörten wegen "Unterwanderung des Regimes" und der "Zusammenarbeit mit Ausländern" verhaftet und gehenkt. Auch der Chef der Justiz, Ajatollah Sadek Laridschani forderte den Tod Mussawis und Karrubis.
Mussawi selbst hatte bereits zu Jahresanfang signalisiert, dass er damit rechnet, dass das Regime den Machtkampf in Teheran auf Leben und Tod ausfechten wird. Er sei bereit, für die Rechte des iranischen Volkes zu sterben, schrieb er im Januar auf seiner Webseite. Er zögere nicht, für die Umsetzung der religiösen und nationalen Rechte des Volkes zum Märtyrer zu werden, schrieb Mussawi, der innerhalb des bestehenden Systems Reformen anstrebt.
Auf die internationalen Proteste gegen die Verhaftung reagierte Teheran wie gewohnt stur: Man verbitte sich jedwede westliche Einmischung. Es handele sich um eine innerstaatliche Angelegenheit, die von ausländischen Regierungen dazu genutzt worden sei, Iran in ein schlechtes Licht zu rücken, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Dienstag auf der wöchentlichen Pressekonferenz seines Hauses.