Verteidigung Russland droht USA mit Kündigung von Raketen-Abrüstungsvertrag
Moskau - Im Streit um das US-Raketenabwehrsystem hat Russland mit einer einseitigen Aufkündigung des INF-Vertrags (Intermediate Range Nuclear Forces Treaty) über die Vernichtung aller nuklearen Kurz- und Mittelstreckenraketen aus dem Jahr 1987 gedroht.
Eine solche Entscheidung hänge vom weiteren Verhalten Washingtons in Bezug auf das geplante Raketenabwehrsystem ab, sagte der Generalstabschef der russischen Streitkräfte, Juri Balujewski, der Agentur Itar-Tass heute. Die Stationierung von Teilen des US-Abwehrsystems in Europa lasse sich durch nichts erklären.
Der unbefristete Vertrag könne gekündigt werden, wenn es überzeugende Belege für eine solche Notwendigkeit gebe, sagte Balujewski. Diese seien heute gegeben. Viele Länder entwickelten und modernisierten derzeit ihre Mittelstreckenraketen.
Die USA wollen einen Raketenschild in Europa aufstellen, der nach Angaben der Regierung in Washington Angriffe aus dem Iran abwehren soll. Russland wirft den USA und deren Nato-Verbündeten vor, das eigentliche Ziel der Einrichtung sei Moskau. Bereits in der Vergangenheit hatte Russland die US-Pläne wiederholt scharf kritisiert. Ein Raketenabwehrschirm sei ein "unfreundliches Signal", das die bilateralen Beziehungen belaste, hatte der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" kurz vor der Münchner Sicherheitskonferenz in der vergangenen Woche gesagt.
Auf der Konferenz selbst hatte Russlands Präsident Wladimir Putin zudem ungewöhnlich scharfe Kritik an den USA geübt. "Die USA haben ihre Grenzen in fast jeder Hinsicht überschritten", hatte Putin in München gesagt. Die US-Politik heize das nukleare Wettrüsten an. Die Nato provoziere Russland mit der Aufnahme osteuropäischer Staaten und mit dem geplanten Raketenabwehrsystem für Europa.
Der polnische Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski sprach sich heute im Grundsatz für eine Stationierung des von den USA geplanten Raketenabwehrschilds in seinem Land aus. Seine Regierung stimme dem US-Projekt allerdings nicht bedingungslos zu, sagte der Regierungschef bei einer Pressekonferenz in Warschau. "Die Einrichtung des Schildes in Polen birgt einige Mängel und Gefahren. Wenn sie aber gut verhandelt wird, wird es der Sicherheit Polens dienen", fügte er hinzu. Die USA hatten Polen und Tschechien im Januar gebeten, als Basis für ihre geplante Raketenabwehr in Europa zu dienen.
Die USA und die Sowjetunion hatten 1987 die Vernichtung aller nuklearen Kurz- und Mittelstreckenraketen in Europa vereinbart. Die letzte dieser Raketen war im Jahr 1991 zerstört worden.
hen/Reuters/dpa/AFP