Kritik an Bundesregierung "Wir unterschätzen, welchen Frust unsere 1,5-Prozent-Ansage auslöst"

Wolfgang Ischinger, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, warnt die Bundesregierung davor, die Nato-Partner zu verärgern. Ohne das Bündnis müsste Deutschland das Doppelte für Verteidigung ausgeben.
Puma-Schützenpanzer bei Erprobungsfahrt (Archivbild)

Puma-Schützenpanzer bei Erprobungsfahrt (Archivbild)

Foto: Holger Hollemann/ picture alliance / Holger Hollemann/dpa

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hat die niedrigen deutschen Verteidigungsausgaben kritisiert. Man werde das Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, "erklärtermaßen nicht erreichen. Wir wollen es nicht einmal mehr", sagte Ischinger der "Welt". "Wir unterschätzen, welchen Frust unsere 1,5-Prozent-Ansage in Washington und Brüssel auslöst", sagte Ischinger.

In dieser Woche feiert die Nato ihr 70-jähriges Bestehen. Für Außenminister Heiko Maas (SPD) werde die Reise nach Washington "vermutlich kein Spaziergang", sagte Ischinger. Schon aus Gründen der Gesichtswahrung werde die amerikanische Regierung ihren Unwillen zum Ausdruck bringen wollen.

Wolfgang Ischinger

Wolfgang Ischinger

Foto: Sven Hoppe/ picture alliance / Sven Hoppe/dp

Die deutsche Regierung müsse sich fragen, wie hoch die Verteidigungsausgaben wären, wenn es die Nato nicht gäbe. "Ich sage es mal grob überschlagen: sicher locker das Doppelte", sagte Ischinger: "Dann wären wir nicht bei 1,5 Prozent, dann wären wir bei 3 oder 3,5 Prozent. Weil wir sonst völlig blind, taub und wehrlos wären."

Die Debatte über die deutschen Verteidigungsausgaben spitzte sich Mitte März erneut zu, nachdem die Eckwerte für den Haushalt 2020 bekannt wurden. Sie sehen zwar mehr Geld für Verteidigung vor, allerdings weniger als von Ressortchefin Ursula von der Leyen (CDU) gefordert. Unter anderem US-Botschafter Richard Grenell hatte den Haushaltsplan als "inakzeptabel" kritisiert. Mehrere deutsche Politiker verbaten sich daraufhin eine Einmischung in interne Angelegenheiten.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg pocht im SPIEGEL darauf, dass Deutschland seine Zusagen für eine Erhöhung des Verteidigungshaushalts einhält. "Ich gehe davon aus, dass die Deutschen ihre Versprechen einhalten", sagte Stoltenberg.

cte/dpa
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