Nach Trump-Kritik Deutschland verspricht Nato höhere Rüstungsausgaben

Der Wehretat soll bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigen. Das hat die deutsche Regierung nach SPIEGEL-Informationen der Nato zugesagt. Sie reagierte damit auch auf Kritik von US-Präsident Trump.
Deutscher Eurofighter auf dem Militärflugplatz in Ämari in Estland

Deutscher Eurofighter auf dem Militärflugplatz in Ämari in Estland

Foto: Arne Immanuel Bänsch/ dpa

Die Bundesregierung hat bei der Nato trotz der einbrechenden Steuereinnahmen zugesagt, die Verteidigungsausgaben weitgehend zu steigern. Am Dienstag übergab der deutsche Botschafter bei der Allianz dem Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ein Dokument, in dem sich die deutsche Regierung verbindlich dazu bekennt, die Wehrausgaben bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. "Dieser Anstieg soll nach 2024 fortgesetzt werden", heißt es nach Informationen des SPIEGEL in dem Schreiben.

Deutschland ist das letzte Nato-Mitglied, das den sogenannten "Strategic Level Report" bei der Nato eingereicht hat. Die jährlichen Berichte sollen beweisen, dass man sich ernsthaft bemühe, die Ausgaben anzuheben. Hintergrund sind die massiven Drohungen von US-Präsident Donald Trump gegenüber jenen Partnern, die aus seiner Sicht nicht genug für ihre Armeen ausgeben.

Deutschland legt in dem dreiseitigen Dokument jedoch keinerlei Zahlen oder Jahresschritte vor, die verdeutlichen würden, wie man das Ziel von 1,5 Prozent bis 2024 erreichen will. Faktisch müsste der Verteidigungsetat von aktuell 43,2 Milliarden Euro je nach Entwicklung des Inlandsprodukts auf etwas mehr als 60 Milliarden Euro steigen.

Weitgehende Versprechungen - trotz sinkender Steuereinnahmen

Dass dies tatsächlich gelingt, ist nach den Warnungen von Finanzminister Olaf Scholz über sinkende Steuereinnahmen und schmerzhafte Haushaltslöcher mehr als zweifelhaft. Für den Haushalt 2019 und 2020 hat Scholz noch eine Steigerung des Wehretats vorgesehen, für die Jahre danach aber alles offengelassen.

Trotzdem entschied sich die Bundesregierung für die weitgehenden Versprechungen an die Nato. Nach ziemlich zäher Abstimmung zwischen Finanz-, Verteidigungs- und Außenministerium sowie dem Kanzleramt einigte man sich auf die Zusagen und nannte als Beleg die vielen Einsätze, die Deutschland für die Nato tätigt.

Von Nachrichten über die sinkenden Steuereinnahmen solle sich die Allianz nicht beirren lassen, argumentiert Berlin in dem Papier. Auch in den vergangenen Jahren seien die Budgetlinien für das Verteidigungsressort zunächst mager gewesen, dann aber habe es immer wieder deutliche Korrekturen nach oben gegeben.

Tatsächlich bekam Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen 2017 vier und 2018 sogar sechs Milliarden Euro mehr für ihr Ressort, als zunächst in den sogenannten Eckwerten für den Haushalt eingeplant gewesen war. Insgesamt, so rechnet die Ministerin bei der Nato gern vor, habe Deutschland seine Verteidigungsausgaben seit 2014 intensiv gesteigert. Erreicht Berlin Ende 2024 tatsächlich die 1,5-Prozent-Marke, wäre das eine Steigerung um satte 80 Prozent, so die Ministerin.

Von der Leyen demonstriert Bündnistreue

Die verbindliche Festlegung überrascht trotzdem, da es innerhalb der Koalition in den vergangenen Monaten heftige Spannungen über die Verteilung des Haushalts gab. Die SPD drängt auf soziale Projekte wie die Grundrente, die Union beharrt auf eine Steigerung des Wehretats. Nach dem Papier für die Nato dürfte genau diese Diskussion heftiger denn je geführt werden.

Von der Leyen hatte noch am Dienstag bei einer Reise durchs Baltikum bekräftigt, dass Deutschland das 1,5-Prozent-Ziel bis 2024 erreichen will. Sie betonte aber, dass es innerhalb der Allianz nicht nur um die Zahlen des Verteidigungshaushalts gehe, sondern um die militärischen Fähigkeiten, die die einzelnen Länder einbringen. "Man kann eine Menge für die eigenen Armeen ausgeben , aber gleichzeitig nichts für die Nato tun", sagte von der Leyen bei einer Veranstaltung in der Hauptstadt Estlands. Damit spielte sie auf die vielen Verpflichtungen an, die Deutschland innerhalb der Nato eingegangen ist. Dennoch stehe Deutschland auch zum Ziel der zwei Prozent.

Der Truppenbesuch wirkte wie ein Symbol der deutschen Bündnistreue. So hat die Bundeswehr die Führungsrolle der sogenannten Nato-Speerspitze in Litauen übernommen. Mehrere hundert Soldaten sind dort stationiert, um den baltischen Staaten im Angesicht der Bedrohung durch Russland den Rücken zu stärken. In Estland besuchte von der Leyen eine deutsche "Eurofighter"-Einheit, die im Luftraum über dem Baltikum patrouilliert.

Deutschland steht häufig im Visier von US-Präsident Trump, der Berlin immer wieder unterstellt, man schulde der Nato wegen der zu geringen Verteidigungsausgaben viel Geld. Die Bundesregierung indes argumentiert, dass das Budget für die Bundeswehr in den vergangenen Jahren wegen der veränderten Sicherheitslage gerade im Osten der Allianz stark gewachsen sei.

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