Von Steinigung bedroht Iran zwingt angebliche Ehebrecherin zu TV-Geständnis

Sakine Mohammadi Aschtiani: Vor dem TV-Auftritt gefoltert?
Foto: AFP/ Amnesty InternationalTeheran/London - Mit zittriger Stimme legte Sakine Mohammadi Aschtiani im staatlichen iranischen Fernsehen ein Geständnis ab. In ihrer Muttersprache Azeri gab die 43-Jährige den ihr vorgeworfenen Ehebruch und auch die Verwicklung in die Ermordung ihres Mannes durch ihren angeblichen Liebhaber, ihren Cousin, zu.
Amnesty International verurteilte den Auftritt der zweifachen Mutter in der Sendung "20:30" umgehend. Durch die "sogenannte Beichte" der Frau im TV sei die angebliche Unabhängigkeit der Justiz in Iran "zerfetzt" worden, wird die Menschenrechtsorganisation in der britischen Zeitung "Guardian" zitiert. Noch weiter ging ihr jetziger Rechtsanwalt Houtan Kian. Seine Mandantin sei zuvor im Gefägnis "geschlagen und gefoltert" worden, bevor sie sich schließlich zu dem Auftritt in der Sendung bereit erklärt habe. Ihre beiden 22- und 17-jährigen Kinder seien durch das Interview traumatisiert, berichtet der Verteidiger.
Sakine Mohammadi Aschtiani wurde von einem iranischen Gericht zum Tod durch Steinigung verurteilt - wegen angeblichen Ehebruchs und zusätzlich wegen Mordes an ihrem Ehemann im Jahr 2006. Ihre Kinder bestreiten, dass sie sich überhaupt einer Straftat schuldig gemacht hat. Es gebe keinerlei Beweise.
In dem Interview sagte Aschtiani nun, sie habe die Ankündigung ihres Cousins, ihren Ehemann zu ermorden, zunächst für einen Witz gehalten. "Er trat in mein Leben, umgarnte mich mit seinen Worten und sagte: 'Ich bringe ihn für dich um, er ist so ein schlechter Mann. Ich kümmere mich um dich'", sagte sie. Später habe sie gesehen, dass ihr Cousin elektronisches Zubehör gekauft habe - und dann habe er ihren Mann durch einen Stromschlag umgebracht. "Er kündigte es mir vorher an, damit ich meine Kinder zu ihrer Großmutter schicken konnte."
Anwalt fürchtet schnelle Vollstreckung des Todesurteils
Der Fall der zweifachen Mutter hatte in der westlichen Welt für heftige Kritik gesorgt. Der Chef der iranischen Justizbehörden setzte die Steinigung daraufhin Mitte Juli vorerst aus. Dessen ungeachtet wurde gegen ihren damaligen Anwalt Mohammed Mostafai Ende Juli Haftbefehl erlassen. Mittlerweile ist er nach Oslo geflohen.
Das Interview wurde ausgestrahlt, nachdem US-Außenministerin Hillary Clinton sich besorgt über das Schicksal der Frau geäußert hatte. Ihr Sprecher hatte angekündigt, das Thema Menschenrechtsverletzungen in Iran werde vermutlich auch bei den Verhandlungen mit der Regierung in Teheran über das umstrittene Atomprogramm zur Sprache kommen.
Aschtianis Anwalt Houtan Kian befürchtet nun, dass die iranischen Behörden eine schnelle Vollstreckung des Todesurteils anstreben. In dem Interview erhob die Iranerin auch Vorwürfe gegen ihren früheren Anwalt. Mohammed Mostafai warf sie laut CNN vor, ihren Fall überhaupt öffentlich gemacht zu haben. Der Verteidiger habe "in ihrem Namen gelogen". Für Mostafai steht fest, dass seine frühere Mandantin diese Aussage nur machte, "um ihr Leben zu retten".
Dass Aschtiani zu dem Auftritt gezwungen wurde, steht auch für Mina Ahadi vom Komitee gegen Steinigung (Icas) fest: Es sei nicht das erste Mal, dass Iran ein unschuldiges Opfer dazu gebracht habe, eine Beichte im Fernsehen abzulegen und das als Grundlage für die Verhängung der Todesstrafe zu nutzen.