
Iran: Die unterdrückte Opposition
Menschenrechtsbericht zu Iran Das nervöse Regime
Teheran/Hamburg - Vor der Präsidentschaftswahl am Freitag geht das iranische Regime noch härter gegen seine Gegner vor. Amnesty International prangert in einem neuen Bericht eine Welle der Repression an. "Einen skandalöser Versuch, Kritiker zum Schweigen zu bringen", nennt Philip Luther, Leiter der Abteilung Nahost und Nordafrika der Menschenrechtsorganisation, die Repressionen. Diese zeigten, dass Iran auch im Wahlkampf die Menschenrechte massiv missachte.
Zum Teil würden Menschen nur aufgrund ihrer Meinungen eingesperrt, ohne selbst politisch aktiv geworden zu sein. Auch nehme der Staat keinerlei Rücksicht auf die Gesundheit der Gefangenen, wie im Fall von Mohammad Reza Purshajari. Der inhaftierte Journalist wurde nach einem Herzinfarkt nur fünf Tage lang in einem Krankenhaus behandelt, dann wurde er zurück in ein Gefängnis gebracht.
Versuche, Geständnisse zu erpressen
In ihrem Bericht listet die Organisation auf, wie das Regime in den Monaten vor der Abstimmung verstärkt gegen Dissidenten vorging. Amnesty sprach dazu auch mit Angehörigen der Betroffenen. Die Schikane trifft demnach alle Gruppen der Opposition: Journalisten, Gewerkschafter, politische Aktivisten und Studenten. Die Menschenrechtler nennen folgende Beispiele:
- Seit Anfang März wurden laut Amnesty mindestens fünf Journalisten aufgrund ihrer kritischen Arbeit verhaftet. Zwei von ihnen arbeiteten für die Zeitung "Maghreb". Diese wurde wie zwei weitere Medien vom Teheraner Regime geschlossen.
- Auch mehrere politische Aktivisten sind den Menschenrechtlern zufolge unter den Verhafteten. Unterstützer des Kandidaten Hassan Rouhani hatten die Freilassung der beiden Oppositionspolitiker Mahdi Karrubi und Hossein Mussawi gefordert, die bei der Präsidentenwahl 2009 gegen Mahmud Ahmadinedschad angetreten waren. Sie hatten dem Regime später Wahlbetrug vorgeworfen. Seit mehr als zwei Jahren stehen Karrubi und Mussawi mit ihren Ehefrauen unter Hausarrest.
- Ähnlich ergeht es nach Amnesty-Recherchen mindestens zehn Gewerkschaftern: Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, Proteste für den Tag der Arbeit geplant zu haben. Einige sollen inzwischen wieder frei sein, andere wie Mahmud Beheshti Langroudi wurden verurteilt. Er muss für vier Jahre ins Gefängnis.
- Ziel des Regimes sind auch Mitglieder von ethnischen oder religiösen Minderheiten. Vor allem betroffen ist nach Angaben der Menschenrechtler "Yeni Gamoh". Die aserbaidschanische Organisation setzt sich in Iran für politische Rechte der Menschen ein. Angehörige der Aktivisten berichteten von Folter, die diese erlitten hätten - so sei den Gefangenen vorgetäuscht worden, sie würden hingerichtet, um Geständnisse zu erpressen. Außerdem bekräftigte das Oberste Gericht im Januar das Todesurteil gegen fünf Mitglieder der muslimischen Ahwazi-Minderheit.
- Wie andere Kritiker des Regimes würden auch Studenten beschuldigt, gegen "die nationale Sicherheit vorzugehen", wie es in dem Report heißt.
Darüber hinaus würden noch immer Dutzende Menschen im Gefängnis sitzen oder unter Hausarrest stehen, die nach den Protesten 2009 verurteilt wurden - trotz wiederholter Aufrufe der Vereinten Nationen. Auch Amnesty forderte Teheran nochmals auf, alle Inhaftierten freizulassen, die ohne rechtliche Grundlage festgenommen wurden. Betroffene müssten vor Folter geschützt werden und freien Zugang zu Verwandten und Anwälten erhalten.
Noch sechs Kandidaten im Rennen
Nach dem Sieg von Mahmud Ahmadinedschad wurden damals Vorwürfe des Wahlbetrugs laut. Monatelang kam es zu Protesten, Tausende gingen auf die Straßen. Ahmadinedschad darf nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren.
Am 14. Juni wählen die Iraner nun seinen Nachfolger. Sechs Kandidaten stehen noch zur Wahl - alle gelten als Getreue von Ajatollah Ali Chamenei.