Wahlsieg für Syriens Diktator Assads blutiger Triumph

Parlamentssprecher Laham erklärt Assad mit 88,7 Prozent der Stimmen zum Sieger der Wahl
Foto: HO/ AFPDie Opposition hatte Baschar al-Assads Abstimmung im Vorfeld als "Blut-Wahlen" bezeichnet. Ausgerechnet das Regime selbst zeigte am Wahltag, wie treffend diese Formulierung war: In manchen Wahlbüros lagen doch tatsächlich Stecknadeln aus - für jeden, der Assad seine Loyalität mit einem blutigen Fingerabdruck beweisen wollte statt bloß mit einem Kugelschreiber-Kreuz. So berichtete es die britische Zeitung "The Guardian" aus Damaskus.
Stolz haben manche Assad-Anhänger ihre blutverschmierten Abstimmungszettel präsentiert - von Wahlgeheimnis hält man in diesem Teil Syriens nicht viel. So signalisieren sie, dass sie bereit sind, für Assads Herrschaft ihr Leben zu geben - und umgekehrt das derjenigen zu nehmen, die seine Macht gefährden.
Der blutige Fingerabdruck bringt die Bedeutung der sogenannten Wahl auf den Punkt: Sie ist eine Kriegserklärung. Die Syrer sind zutiefst zerstritten. Keine Seite wird der jeweils anderen die Hand reichen. Der Bürgerkrieg geht weiter, Siegen oder Sterben.
"Eine Mörderbande legitimieren"
Nach Angaben des Parlamentsprechers Mohammad al-Laham gewann Assad die Abstimmung mit 88,7 Prozent der Stimmen, die Wahlbeteiligung soll bei 73,42 Prozent gelegen haben, sagt der Vorsitzende des syrischen Verfassungsgerichts, Majed Khadra. Doch was sagen solche Zahlen schon aus, wenn nur die einen abstimmen dürfen - und die Auszählung allein in den Händen der Assad-Anhänger liegt.
Entsprechend unterschiedlich fielen die Reaktionen auf die Wahl aus. Assads Außenminister, Walid al-Moallem, lobte sie als "Beginn einer politischen Lösung" der Syrien-Krise. Ahmed Dscharba, Chef des Oppositionsrats, kritisierte dagegen, dass die sogenannte Wahl den bereits beschlossenen diplomatischen Fahrplan nun blockiere.
Theoretisch hatten sich Opposition und Regime bereits 2012 darauf verständigt, dass nur eine neue Übergangsregierung die Krise lösen könnte. Doch diese Hoffnung scheint nun völlig zerstört, nach Assads Wahl-Kriegserklärung, die ihn für die nächsten sieben Jahre im Amt zementieren soll.
Harte Worte wählten selbst die moderatesten der Assad-Kritiker. Auch der langjährige Dissident und Christ Michel Kilo bezeichnete die sogenannte Wahl als einen Versuch Assads, eine diplomatische Lösung zu verhindern und "eine Mörderbande" zu legitimieren. "Es ist inakzeptabel, dass ein Mörder regiert, der sein Volk tötet mit allen möglichen Waffen, darunter international verbotenen wie Giftgas", wetterte er.
Vertiefende Spaltung des Landes entlang konfessioneller Linien
Einen besonders dunklen Ausblick gab einer der moderatesten Assad-Kritiker - Louay Hussein, Alawit und Mitglied der sogenannten "geduldeten Opposition", die weiterhin in Damaskus leben darf, weil sie dem Regime versöhnlich gegenüber steht. Auch er warnte er vor einer sich vertiefenden Spaltung des Landes entlang konfessioneller Linien. "Wir werden in Zukunft sogenannte Syrer haben und sogenannte Terroristen", sagte Louay Hussein düster. "Als echte Syrer gelten die Loyalisten und die Minderheiten, die den Schutz und Segen der Regierung bekommen. Die Terroristen dagegen sind die Sunniten." Wer von den Sunniten unter Kontrolle der Regierung lebe, werde in Zukunft jeden Tag beweisen müssen, dass er kein Terrorist sei, um zu überleben. Der Großteil der Syrer ist sunnitischen Glaubens.
Das syrische Film-Kollektiv "Abounaddara" kommentierte die Wahl-Farce auf melancholische Art. Auf seiner Facebook-Seite postete es dazu einen kurzen Clip mit dem Titel "Es war einmal in Syrien". Teils in Schwarz-Weiß sind dort Bilder zu sehen, die wie aus einer anderen Zeit schienen: Schulkinder müssen kleine Schautänze aufführen, mit denen sie Assad preisen.
Ursprünglich hatte "Abounnaddara" den Kurzfilm 2011 veröffentlicht, als die Aufnahmen aus der Zeit gefallen schienen. Nun bekommen sie in Assads Teil Syriens, rund der Hälfte des Landes, neue Aktualität.