Petraeus und Romney Weißer Mann, was nun?

Petraeus: Keine andere Wahl als zu gehen
Foto: Susan Walsh/ APWas hat Mitt Romneys Wahlpleite mit dem Absturz des größten Generals Amerikas zu tun?
Beider Schicksale belegen, dass der weiße Mann, der derzeit noch die Welt beherrscht, vor seinem evolutionären Ende steht.
King Petraeus, der Ausnahmegeneral, hatte alles durch- und bedacht, ob im Krieg oder im Frieden, er war seiner Zeit voraus, perfektionistisch gegenüber sich selbst und unsentimental im Umgang mit der Macht. Wie konnte ihm diese Katastrophe zustoßen?
Der Manager Mitt Romney brachte es zum selbstgemachten Multimillionär. American Dream reloaded in Zeiten des Turbo-Kapitalismus, Erfolg pur. Jeder kann es schaffen, immer noch. Wieso also hat er die Wahl nicht gewonnen?

David Petraeus: Der Vorzeige-General und die Elite-Soldatin
Die beiden Männer könnten unterschiedlicher nicht sein. Was sie zu Fall brachte, haben sie aber gemein: Sie existieren in einer eigenen Welt mit elitärer Moral, absurd und lebensfremd, mit Glorienschein. Am Ende verrannten sie sich im Labyrinth ihrer strahlenden Ideologien.
King Petraeus hatte keine andere Wahl als zu gehen
Ein ungeschriebenes Gesetz im Militär sagt, zwei Befehle seien nicht durchzusetzen: "Don't drink!", "Don't fuck!". Dennoch ist Ehebruch im US-Militär unter bestimmten Umständen strafbar, hochrangige Vorgesetzte wie der ehemalige Vier-Sterne-General Petraeus müssen sich erst recht daran halten - auch wenn es alle besser wissen und Washington eine Geisterstadt wäre, würden alle Geheimnisträger mit außerehelichen Affären ihren Job quittieren.
Doch selbst nach diesen strengen Maßstäben hat Petraeus nie gegen ein Gesetz verstoßen. Die Affäre des CIA-Chefs mit der Biografin Paula Broadwell begann erst nach seinem Ausscheiden aus dem Militär, und bei der Untersuchung ihres gemeinsamen E-Mail-Accounts stellte sich später heraus, dass diese stille Amoure die nationale Sicherheit zu keiner Zeit gefährdete. Zu vermuten ist, es war, wie es manchmal ist im Leben, dass einfach etwas geschehen musste zwischen zwei Menschen, warum auch immer. Hätte sich niemand eingemischt und als Staatssicherer wichtig getan und einen Zickenkrieg zu einer nationalen Affäre hochgejazzt, wären zwei Ehen noch intakt und der Nation einer ihrer wichtigsten Strategen erhalten geblieben.
King Petraeus hatte trotzdem keine andere Wahl als zu gehen. Aus Prinzip. Als perfektes Vorbild musste er jetzt päpstlicher sein als der Papst.
Romney musste sich seiner weltfremden Abgehobenheit beugen
Mit Sprüchen gegen die Schwulenehe und gegen Verhütungsmittel punktete der Viertel-Milliardär Romney bei der Tea Pary, und er ballte martialisch die Faust für einen militärischen Strafangriff gegen Iran. Das mag die Stimmung bei einer Wahlkampfveranstaltung anheizen, aber nicht den kalten Ofen eines arbeitslosen schwarzen Autobauers in Indian Village in Detroit.
Wäre der millionenschwere Star der Republikaner einmal mit dem Greyhound-Bus durchs Land gefahren, hätte er vielleicht ein Gespür dafür entwickelt, was da los ist außerhalb der Chefetagen zwischen Florida und Ohio, dass es dort auch nicht viel anders aussieht als in Griechenland, wo es viele Alte, Behinderte, Arbeitslose und wütende Jugendliche aller Hautfarben gibt. So viele, dass sie einen weißen Mann, der eine merkwürdige moralische Überlegenheit demonstriert, aber doch nur sein eigenes Klientel bedient, einfach nicht mehr wählen.

Mitt Romney: Auf den Spuren des Vaters
Am Ende mussten sich Romney und Petraeus den Gesetzen ihrer eigenen Ideologien beugen, Romney seiner weltfremden Abgehobenheit, Petraeus seinem gnadenlosen Perfektionismus; selbstzerstörerische Merkmale einer weißen Elite.
Schade eigentlich, sie hätten beides haben können, Staatsraison und ein Leben. Zum Beispiel wie François Mitterrand. Konfrontiert mit seinem Doppelleben mit einer anderen Frau und einer unehelichen Tochter, fragte der ehemalige französische Präsident, anstatt sich zu rechtfertigen, den Reporter kühl zurück: "Et alors?" - "Und?"