WM in Russland Fußball ist schön - die Sorgen der Russen sind größer

Wladimir Putin
Foto: Yuri Kadobnov/ APEs hätten Wladimir Putins Spiele werden können. Das war zumindest die Sorge jener, die die Auswahl Russlands als WM-Gastgeberland kritisierten oder gar zum Boykott des Turniers aufriefen. Zu lebhaft ist die Erinnerung an die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi.
Der Skandal um das mutmaßlich staatlich organisierte Dopingsystem bei diesen Spielen wirft noch immer einen Schatten auf den Sport in Russland. Zugleich hat sich der autoritär herrschende Präsident Putin erst vor wenigen Monaten für sechs weitere Jahre als Mann an der Spitze des Landes bestätigen lassen.
Kurz vor dem Ende des Weltcups zeigt sich jedoch immer deutlicher, dass der Kreml diesmal die weitgehend flüssig organisierte WM nicht zu seinen Gunsten nutzen konnte. Schmerzhafte Reformen, wie die geplante Anhebung des Renteneintrittsalters oder die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 18 auf 20 Prozent, ließen in den vergangenen Wochen die beinahe zementiert scheinenden, hohen Zustimmungswerte für den Präsidenten purzeln.
Im Gegensatz dazu ließ der Überraschungserfolg der Sbornaja mit dem Einzug ins Viertelfinale eine Welle des Patriotismus durchs Land rollen, aus der man im Kreml allerdings nicht das volle Kapital schlagen konnte. Lediglich beim Eröffnungsspiel hatte sich Putin öffentlich in einem Stadion gezeigt.
Laut einer Umfrage des unabhängigen Forschungsinstituts Levada glauben mittlerweile 42 Prozent der Russen, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickelt. Ein Wert, der zuletzt vor der Annexion der Krim erreicht wurde.
Auch der Anteil jener, die Putins Politik gutheißen, ist laut dem staatlichen Institut Wziom seit Mitte März um gut 20 Punkte auf 63,4 Prozent gesunken.
Zum ersten Mal gehe die Liebe der Russen zu ihrem Land und zu ihrem Präsidenten getrennte Wege, kommentierte die Moskauer Zeitung "Vedomosti". Die WM sei nicht zum Fest der Macht, sondern zu einem Fest des Fußballs geworden.