Zoff mit Ankara Frankreichs Senat stimmt für umstrittenes Genozid-Gesetz

Das französische Parlament hat das umstrittene Genozid-Gesetz gebilligt. Von nun an führt die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern im Ersten Weltkrieg zu Haft- und Geldstrafen. Paris droht jetzt eine schwere Krise mit der Türkei.
Getötete Armenier (Aufnahme aus 1919): Organisierte Massaker

Getötete Armenier (Aufnahme aus 1919): Organisierte Massaker

Foto: HO/ AP

Paris - Trotz aller Drohungen der Türkei hat der Pariser Senat am Montag ein neues Völkermordgesetz verabschiedet. Das Gesetz stellt die Leugnung von gesetzlich anerkannten Völkermorden unter Strafe.

Das Gesetz sieht für das Leugnen eines in Frankreich anerkannten Völkermordes eine Haftstrafe von einem Jahr und Geldstrafen von bis zu 45.000 Euro vor. Dazu zählt neben dem Holocaust das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich zwischen 1915 und 1917, das in Frankreich seit 2001 als Völkermord anerkannt ist. Nach unterschiedlichen Schätzungen sollen dabei zwischen 200.000 und 1,5 Millionen Armenier ums Leben gekommen sein.

Im Dezember hatte bereits die französische Nationalversammlung das Vorhaben gebilligt. Der Gesetzentwurf passierte nun die zweite Kammer ohne jegliche Änderung, gilt damit als vom Parlament angenommen und kann in Kraft treten.

Die Türkei als Nachfolger des Osmanischen Reiches streitet einen Völkermord ab und setzt die Opferzahl mit bis zu 500.000 Menschen deutlich niedriger an. Die Regierung in Ankara hatte für den Fall, dass das Gesetz verabschiedet wird, verschärfte Sanktionen gegen Frankreich sowie eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angedroht.

Der türkische Justizminister Sadullah Ergin sprach unmittelbar nach dem Votum im französischen Senat von einer "Respektlosigkeit" gegenüber der Türkei. In einem ersten Statement aus dem Außenministerium in Ankara heißt es: "Wir verurteilen diese Entscheidung, die in jeder Hinsicht problematisch und ein Beispiel für Verantwortungslosigkeit ist." Der türkische Botschafter in Paris drohte, Ankara könnte die diplomatischen Beziehungen zu Frankreich auf ein Minimum reduzieren. Tahsin Burcuoglu sagte, die Türkei würde ein solches Gesetz niemals akzeptieren. "Jetzt wird jeder einen Preis bezahlen, die Türkei, Frankreich und Armenien", sagte Botschafter Burcuoglu.

Aus Protest hatte die türkische Regierung zeitweise bereits ihren Botschafter zu Konsultationen in die Heimat zurückgeholt und die militärischen Beziehungen zu Frankreich eingeschränkt. Sie sieht das Gesetz als Einmischung in die inneren Angelegenheiten an. Das französische Außenministerium hatte zuvor die Türken erneut dazu aufgerufen, einen kühlen Kopf zu bewahren.

127 französische Senatoren hatten für den Gesetzentwurf gestimmt, 86 Senatoren dagegen. Viele Senatoren waren der siebeneinhalbstündigen Debatte ferngeblieben. Begleitet war die Abstimmung in Paris mit Protesten von mehreren hundert Befürwortern und Gegnern vor dem Senats-Gebäude.

lgr/dpa/AFP/dapd
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