Zweite Uran-Anreicherungsanlage Obama will Iran Atom-Kontrollen abringen

Präsident Ahmadinedschad inspiziert die Urananreicherungsanlage in Natans: Iran hat die Existenz einer zweiten Atomfabrik bekannt gegeben
Foto: A2800 epa Iran's Presidency Office/ dpaNew York - Die Meldung über eine mögliche zweite Anlage zur Urananreicherung in Iran rückt auf die Agenda des G-20-Gipfels in Pittsburgh. Die USA, Großbritannien und Frankreich wollen ihr Misstrauen gegenüber Iran jetzt gemeinsam zum Ausdruck bringen. In einer Erklärung von US-Präsident Barack Obama, dem britischen Premier Gordon Brown und dem französischen Staatschef Nicolas Sarkozy werde Teheran aufgerufen, die neue Anlage für Experten der internationalen Atomenergiebehörde IAEA zu öffnen, verlautete aus dem Weißen Haus.
Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge wird Obama in einer Rede um 14.30 Uhr (MESZ) das Regime in Teheran dazu auffordern, den Inspektoren Zugang zu gewähren.
Iran hatte am Freitag den Westen mit einem überraschenden Bekenntnis aufgeschreckt: Nach eigenen Angaben besitzt das Land eine weitere Anlage zur Atomanreicherung. Erst nachdem Iran herausgefunden habe, dass die zweite Anlage den westlichen Geheimdiensten bekannt sei, habe Teheran in einem Brief an die IAEA deren Existenz zugegeben, sagten Diplomaten am Freitag. Die IAEA bestätigte den Eingang eines Briefs.
Bislang hatte die Regierung in Teheran die Existenz von lediglich einer derartigen Anlage in Natans eingeräumt, deren Urananreicherung von der IAEA ständig überwacht wird. In Natans wird Uran in Zentrifugen angereichert, die auf jahrzehntealter chinesischer Technologie basieren. Allerdings soll Teheran mit moderner Technik experimentiert haben, die eine wesentlich effizientere und schnellere Urananreicherung ermöglichen würde.
Verhandlungen in Gefahr?
Einzelheiten über den Standort und über dort eingesetzte Technologien stehen nach AP-Informationen nicht in dem Brief an den Chef der IAEA, Mohammed ElBaradei. Ein Diplomat mit Zugang zu dem Dossier sagte, die neue Anlage stehe rund 160 Kilometer südwestlich von Teheran. Dort seien 3000 Zentrifugen installiert, die im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden könnten.
Iran beharrt darauf, dass sein Atomprogramm ausschließlich zivilen Zwecken dient. Viele westliche Staaten und Israel vermuten dagegen, dass Teheran nach einer Atomwaffe strebt.
Die Existenz der zweiten Anreicherungsanlage droht die kommende Woche beginnenden Verhandlungen zwischen Iran und der Sechsergruppe zu belasten. Die fünf ständigen Uno-Sicherheitsratsmitglieder und Deutschland wollen Teheran zur Aufgabe seines Urananreicherungsprogramms drängen.
Der Generalsekretär des iranischen nationalen Sicherheitsrates, Said Dschalili, hatte zuvor deutlich gemacht, dass Teheran zwar über die Atomfrage sprechen werde, aber nicht, wie gefordert, über die umstrittene Anreicherung von Uran: "Wir werden dieses Recht niemals aufgeben", sagte er dem SPIEGEL. Verschärfte Sanktionen könnten seiner Regierung keine Angst einjagen.
Das Gipfeltreffen der G-20-Gruppe in Pittsburgh hat am Donnerstagabend (Ortszeit) begonnen. Die Staats- und Regierungschefs der weltgrößten Volkswirtschaften wollen bei dem zweitägigen Treffen in den USA über weitere Maßnahmen zur Stabilisierung der Wirtschaft und über die Reform des Finanzsektors beraten. Deutschland wird in Pittsburgh von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) vertreten.
In einer ersten Sitzung ab 15.30 Uhr MESZ wollen die G-20-Chefs über die Erholung der Weltwirtschaft nach der Krise beraten. Themen des anschließenden Arbeitsessens auf Einladung von US-Präsident Obama sollen der Klimaschutz und Energiefragen sein. Auf einer weiteren Arbeitssitzung ab 20.30 Uhr MESZ wollen die G-20-Chefs dann über die Neuregelung der Finanzaufsicht diskutieren.