Asylbewerber schreibt Roman via WhatsApp – und gewinnt höchsten Literaturpreis Australiens

Warum er trotzdem nicht zur Verleihung darf.

Dieser Beitrag wurde am 04.02.2019 auf bento.de veröffentlicht.

Behrouz Boochani ist gerade umgerechnet 63.000 Euro reicher geworden. Aber die Freiheit kann sich der 35-Jährige dafür trotzdem nicht kaufen. 

Der Schriftsteller wurde mit dem Literaturpreis des Bundesstaates Victoria ausgezeichnet, dem höchstdotierten Literaturpreis Australiens. Er bekam die Auszeichnung für sein Buch "No Friend But the Mountains: Writing from Manus Prison". (CNN )

Entgegennehmen kann Behrouz Boochani den Preis jedoch nicht – denn er sitzt selbst im Gefängnis von Manus.

Manus ist eigentlich keine Haftanstalt, sondern eine Insel. Für viele Bewohner fühlt sich Manus jedoch wie ein Gefängnis an. Denn es ist die Insel, auf der Australien seine Asylbewerber festhält und nicht einreisen lässt.

  • Die Insel gehört zu Papua-Neuguinea im Pazifik. 
  • Versuchen Geflüchtete per Boot Australien zu erreichen, schickt sie die australische Regierung hier hin. 
  • Das Modell ist international umstritten, Hardliners in Europa loben es jedoch. 

So wie die EU zum Beispiel Abkommen mit libyschen Söldnern schließt, um Menschen von der Flucht über das Mittelmeer abzuhalten – so hat auch Australien Abkommen, um Geflüchtete von ihrem Kontinent fernzuhalten. Kritiker sagen, die Inseln sind Gefängnisse, die Regierung antwortet, jeder Asylbewerber könne ja wieder heimkehren.

Behrouz Boochani selbst sitzt seit 2013 auf Manus fest, er floh einst aus dem Iran. 

Der Schriftsteller ist Kurde, die Minderheit lebt im Nordwesten des Iran und hat dort nicht die gleichen Rechte wie die iranische Bevölkerung. Er floh, als Sicherheitskräfte eine von ihm gegründete Zeitungsredaktion gestürmt hatten.

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Sein Buch soll er innerhalb von fünf Jahren geschrieben haben. Er schickte es Nachricht für Nachricht und Tag für Tag via WhatsApp an seinen Übersetzer. 

So sagt er der BBC :

WhatsApp ist wie mein Büro. Ich habe nicht auf Papier geschrieben, weil die Wärter immer wieder unsere Zimmer und unsere Sachen durchwühlen.

Dass ihm nun trotz der Auszeichnung die Einreise weiter verweigert werde, bezeichnet Behrouz als "paradoxes Gefühl": Einerseits sei er glücklich, dass nun viele auf seine Lage und die anderer Geflüchteter aufmerksam würden. Andererseits will er sich dieses Gefühl der Freude nicht erlauben, "weil ich hier an diesem Ort viele Freunde habe, die leiden."

Mit seinem Buch will Behrouz erreichen, dass Geflüchtete wieder als Menschen gesehen werden:

Wir sind keine Engel und wir sind nicht böse. Wir sind Menschen, einfach nur Menschen.

Was die australische Regierung mit ihren Insel-Internierungslagern mache, sei ein "systematischer" Versuch, Asylbewerbern und Geflüchteten "Identität, Menschlichkeit und Individualität" zu nehmen, sagt Behrouz. Alles, was sie wollen würden, sei: Freiheit.

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