Zur Ausgabe
Artikel 66 / 71

Briefe

Bäume ohne Lobby
aus DER SPIEGEL 34/1973

Bäume ohne Lobby

(Nr. 31/1973, Umwelt)

Wie gut die Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Behörden funktioniert, zeigt ein Beispiel aus Bochum: Zu einer, zugegebenermaßen sehr kurzfristig angekündigten Protestaktion gegen die geplante Verwandlung eines zirka 60 000 Quadratmeter großen Parks in eine riesige Zement-Orgie aus teilweise achtgeschossigen Hochhäusern, bei der sogar das ZDF anwesend war (Aspekte 3. Juli 1973), erschienen sage und schreibe etwa zehn »baumbewußte« Schüler und eine Handvoll Bewohner aus den anliegenden Häusern. Nach der Sendung im ZDF über diese Affäre erklärte die Stadt, daß der Park gar kein Park, sondern ein nur zufällig mit einem aus Robinien bestehenden Wäldchen, schönen alten Bäumen und einem Tennisplatz bestücktes Industrie- und Gewerbegebiet sei.

Bochum MIKE BUSOLT

Ein sehr wirksames Mittel zur Begrünung der Innenstädte wäre die Auflage für Betriebe, für jeden zweiten Parkplatz der Angestellten einen Baum pflanzen zu müssen. Von solchen und ähnlichen Maßnahmen sollten die Stadtplaner viel mehr Gebrauch machen.

Neresheim (Bad.-Württ.) ERWIN HERTBERGER

Zum Frankfurter Baum-Bebauungsplan: Es ist unbestritten, die entsprechenden Auflagen in jeden neuen Bebauungsplan aufzunehmen. Strittig ist nur ein über abgeschlossene Bebauungspläne übergreifender Baum-Bebauungsplan, weil dafür angeblich die Rechtsgrundlagen fehlen. Diese könnten und müßten in der anstehenden Novellierung des Bundesbaugesetzes geschaffen werden. Jedoch die Bäume haben keine Lobby! Um so verdienstvoller wäre es. wenn Sie sich der Angelegenheit weiterhin annähmen.

Bad Nauheim (Hessen) ALFONS WEIL

Dortmunds rote Ratsherren denken über die Erhaltung von Bäumen anders als ihre Kollegen. Sie planen, einen Wald von mehr als eintausendzweihundert hundertjährigen Bäumen abzuholzen, nämlich die mehrere Kilometer lange, vielleicht schönste deutsche Allee »Westfalendamm«. Das soll wider jegliche Vernunft geschehen, um einer von maßgeblichen Sachverständigen für überflüssig und viel zu teuer gehaltenen Hochstraße und einer von Fahrgastschwund heimgesuchten Stadtbahn Platz zu machen. Von Technischen Hochschulen eingeholte Gutachten, aus denen sich billigere und umweltfreundlichere Lösungen ergeben, werden von den zuständigen Dilettanten, offenbar aus kommunaler Großmannssucht, einfach ignoriert.

Dortmund WOLFGANG SCHNEIDER

Was weder der Bombenkrieg noch die Brennstoffknappheit der Kriegs- und Nachkriegszeit geschafft haben: das große Baumsterben besorgen der Verkehr und die Grauplaner. Die Wohnqualität von Straßen kann nur durch Großgrün im »Straßenraum« zwischen Fahrbahn und Häusern einigermaßen erhalten werden nach dem Motto: je mehr Verkehr, desto mehr Großgrün in den Straßen als Staubfilter, Luftbefeuchter, Sauerstoffproduzenten, Schattenspender und so weiter. Amtliche Stellen sollten die Vergabe öffentlicher Mittel für den Straßenbau von der Erhaltung des noch vorhandenen Großgrüns abhängig machen. Wobei die Wohnqualität absoluten Vorrang haben müßte vor der Bequemlichkeit der Autofahrer.

Neumünster (Schl.-Holst.) DR. R. MÖLLER

Von wegen: dürfen in Hamburg private wie städtische Bäume, die einen Stammdurchmesser von mehr als 25 Zentimetern haben, nur mit Genehmigung gefällt werden. Kommen Sie mal nach Neugraben. Ich zeige Ihnen, wo in den letzten drei Jahren Hunderte von Bäumen gefällt wurden. (Wie man sich erzählt, für neue Holzköpfe im Senat.)

Hamburg KARL LUDWIG OPITZ

Zur Ausgabe
Artikel 66 / 71
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren