PARTEIEN Bald weggefegt
Vor der Wahl warben die Nationaldemokraten beim Volk fürs Vaterland: »Deutsches Geld für deutsche Aufgaben.«
Nun fehlt es ihnen daran: Die NPD, die vor nicht langer Zeit noch forsche Töne in den Parlamenten der Republik anschlug, ist praktisch pleite.
Am 3. Oktober hatten die Nationalen mit einem Stimmenanteil von nur 0,3 Prozent jene 0,5-Prozent-Hürde verfehlt, die überwunden werden muß, um in den Genuß der vom Parteiengesetz vorgesehenen Wahlkampfkostenerstartung zu kommen. Und nun müssen sie nicht nur auf den Vorschuß aus Bonn verzichten. Ungetilgt sind auch immer noch Schulden bei Bund und Ländern, die sich bereits in vergangenen Jahren durch etliche Wahlschlappen angehäuft haben -- insgesamt mehr als eine Million.
»Das geht schon hart auf die Knochen«, sagt NPD-Vorsitzender Martin Mußgnug, der nach eigenen Angaben nur mehr über 15000 Parteimitglieder gebietet -- gegenüber 30 000 Ende der sechziger Jahre. Zur Blütezeit der Volkstümler, 1968, hatten noch 3,8 Millionen Mark an Einnahmen verbucht werden können; 1975 aber waren es 1,2 Millionen -- lediglich ein Zehntel dessen, was die gewiß nicht kraftstrotzende DKP mit 12,2 Millionen vorweisen konnte.
Der Rutsch begann, nachdem die Nationaldemokraten auch politisch zu Schrumpf-Germanen geraten waren. Bei der Bundestagswahl 1972 sackten sie von 4,3 Prozent (1969) auf 0,6 Prozent ab. Die Partei mußte von den vorgeschossenen Wahlkampfgeldern -- berechnet nach dem jeweils letzten Wahlergebnis -- annähernd zwei Millionen Mark wieder zurückzahlen. 950 000 Mark sind davon bis heute nicht getilgt, und die letzte Vorauszahlung hatte der Bund gar nicht erst in bar geleistet, sondern lediglich auf die alten Schulden gutgeschrieben.
Obendrein steht die NPD auch bei einigen Ländern in der Kreide, in Bayern etwa mit 200 000 Mark, in Hessen mit 100 000, insgesamt mit 400 000 Mark. Und Chancen, sich von der Schuldenlast zu befreien, sehen die Parteioberen fast nur noch auf dem Prozeßwege.
Wenn Bonn sich nicht auf die Bitte der Nationaldemokraten einläßt, die Rückstände in Raten abzustottern, soll die 0,5-Prozent-Marke als »Verstoß gegen die Chancengleichheit« angefochten werden. Und in jedem Fall mit juristischen Mitteln will die NPD um die Tilgung der Länder-Schulden herumkommen.
Länderparlamente, so argumentiert NPD-Anwalt Wolfgang Huber aus München, seien an die Bundesregelung für die Wahlkampfkostenerstattung gebunden. Mithin sei es unzulässig, daß beispielsweise Bayern mit 1,25 Prozent Zweitstimmen oder Hessen mit 1,5 Prozent die Schwelle noch höher gesetzt hätten. Huber beruft sich auf ein einschlägiges Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1968, in dem die Bonner 0,5-Prozent-Barriere als ausreichend für die »Ernsthaftigkeit der Wahlkampfbemühungen« einer Partei angesehen wurde.
Recht dieser Art erhielten die Rechten bereits im Saarland. Dort wies ein Verwaltungsgericht im Oktober letzten Jahres eine Vollstreckungsklage des Saar-Parlaments gegen die NPD mit dem Hinweis ab, daß »nach dem eindeutigen Wortlaut der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts« auch die Länder sich an die von Bonn gesetzte Höhenmarke zu halten hätten. Anders hingegen entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt zu Beginn dieses Jahres: Maßgebend sei, so die hessischen Richter, daß das Parteiengesetz die Länder ermächtige, von jener Bundesregel abzuweichen.
Nun blicken die Nationalen »gespannt auf Bayern« (Mußgnug), wo Anwalt Huber mit einer Popularklage beim Landesverfassungsgerichtshof die Rechtswidrigkeit der erhöhten Erstattungsgrenze feststellen lassen will. Huber erwartet »täglich die Entscheidung«, und wenn die NPD in München durchkomme, so meint er, wären »bei dem führenden Rang dieses Gerichts in der Bundesrepublik« bald »auch alle anderen Länderregelungen weggefegt«.
Die Schulden beim Bund jedoch wären damit nicht vom Fleck. Und »wer Schulden hat, muß endlich mal zahlen«, fordert SPD-MdB Bernhard Bußmann, Mitberichterstatter im Haushaltsausschuß des Bundestages für den Einzelplan 06, in dem auch die Parteienzuschüsse geführt werden: »Irgendwann ist ein Schlußstrich fällig.« Wenn die NPD die Zahlungsfristen nicht beachtet, die ihr bei den Haushaltsberatungen im kommenden Frühjahr gesteckt werden, so droht ihr laut Bußmann ein Beitreibungsverfahren, bei dem »gegebenenfalls auch die dinglichen Vermögenswerte der Partei sichergestellt werden« müßten.
So schlimm aber wird es, glaubt man den NPD-Spitzen, keinesfalls werden. Die Million, meint Bundesgeschäftsführer Karl Feitenhansl leichthin, »haben wir spätestens weg, wenn wir 1980 in den Bundestag kommen«.