Beate Uhse kein SPD-Vorbild
(Nr. 15/1976, SPIEGEL-Gespräch mit Bundeskanzler Helmut Schmidt)
Aufgrund der innerparteilichen Querelen sowie mit Blickrichtung auf ein nicht mehr störungsfreies Verhältnis zwischen SPD und FDP muß ich der Meinung des Bundeskanzlers widersprechen, der die Äußerung von Jochen Steffen (Wunsch nach Rückkehr der SPD in die Opposition) und Bürgermeister Koschnick (SPD/FDP-Bündnis
* Aus »Loriots sauberer Bildschirm« (Radio Bremen, 8. März 1976)
werde allenfalls noch bis 1980 bestehen) als »eine vom SPIEGEL bevorzugte Interpretation« bezeichnet. Gelingt es nicht, SPD-interne Auseinandersetzungen auf ein erträgliches Mindestmaß zu reduzieren und andererseits vom Koalitionspartner FDP eine eindeutige Standortbestimmung zu erfahren, so wird der Wunsch von Jochen Steffen im Oktober bittere Realität.
Köln FRANZ SCHILLING
Ich verfolge den hausinternen Krach der Partei schon lange Jahre. Ganz schlau werde ich jedoch nicht daraus. Was die Linken wollen, ist klar. So zum Beispiel Geiselberger mit seinen Bodenthesen. Kurioserweise wurde ihm auch von Kronawitter unterstellt, er wolle mit seiner Forderung nach Enteignung von Grund und Boden den Kleinhäuschenbesitzern ihre Häuschen wegnehmen. Ich war damals in verschiedenen Ortsvereinsversammlungen, doch keiner der Genossen konnte eine solche Forderung aus den Bodenthesen herauslesen. Der Erfolg war der, daß zum Beispiel im Kleinhäuschen-Viertel »Am Hart« die SPD 30 Prozent der Wählerstimmen verlor. -- Was jedoch die Rechten wollen, ist bei weitem nicht so klar. Sie wollen durch Reformen schrittweise Verbesserungen erreichen ä la Kürzung der Apothekergewinne um 3.4 Prozent. Und wollten sie selbst das System verändern, dann wollen sie den Zeugungsvorgang vor ihren Wählerkindern schamhaft so lange verschleiern, bis diese erwachsen sind. Eine Beate Uhse ist also ihr Vorbild nicht. Wenn in der Presse anklingt, es ginge bei dem ganzen Krach nur um die Erhaltung von Posten, dann mag daran schon etwas Wahres sein.
München MICHAEL BICHLMEIER, 60 SPD-Mitglied