ITALIEN Beispielloser Profit
Konkurrenten aus der süditalienischen Armutsregion Kalabrien drängen die sizilianischen Mafiapaten aus dem lukrativsten Unterwelt-Business, dem Rauschgifthandel. Von 100 Milliarden Euro, die Italiens Mafiosi im vergangenen Jahr nach Schätzungen insgesamt kassierten - fast zehn Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Landes -, stammten 60 aus dem Handel mit Kokain, Heroin und anderen Drogen. Davon griffen die kalabrischen Gangs der 'Ndrangheta (Ehrenwerte Gesellschaft, entlehnt aus dem dort früher gesprochenen griechischen Dialekt) über 22 Milliarden Euro ab.
Der einstigen Vormacht der Organisierten Kriminalität, der Cosa Nostra Siziliens, blieben nur noch 18 Milliarden vom großen Kuchen. Den Rest durften sich Camorra und Sacra Corona Unita aus Kampanien und Apulien teilen. Kein anderes kriminelles Geschäft beschert solche Profite: Ein Kilogramm Kokain, das aus Kolumbien oder Venezuela in einem Hafen Kalabriens anlandet, kostet etwa 20 000 Dollar. Zu vier Kilogramm gestreckt, bringt es der 'Ndrangheta 200 000 Euro - mehr als das Zehnfache ihres Einsatzes.
Die horrenden Einnahmen werden nicht nur in Italien investiert, etwa beim Bau von Feriendörfern, sondern mit Vorliebe auch in
Immobilien und Firmen in Deutschland, Frankreich und Belgien.
Der kriminelle Aufstieg der Ehrenwerten Gesellschaft der 'Ndrangheta ist mit Leichen gepflastert: 144 Morde in den vergangenen vier Jahren rechnen die Behörden den kalabrischen Mafiakillern zu. Die haben, anders als ihre Nachbarn auf Sizilien, keine Schwierigkeiten, ihren Bedarf an jungen Menschen als Drogendealer, Schmuggler oder Geldboten in der Region zu decken - weil es andere Jobs dort praktisch gar nicht gibt.