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RHODESIEN Bekannter Geheimplan

Ein schwarzer Politiker, der einst Premier Smith umbringen wollte, ist die letzte Hoffnung der Weißen.
aus DER SPIEGEL 37/1977

Sie wirkten »ein bißchen wie die Hardyboys«, schrieb das US-Magazin »Newsweek« über die Rhodesien-Vermittler, den weißen Außenminister David Owen (England) und den schwarzen Uno-Botschafter Andrew Young (USA) -- zwei kecke Jungs aus dem US-Kinderfernsehen, die gern Detektiv spielen.

Diese zwei schwebten vorigen Donnerstag mit einer VC-1O der britischen Luftwaffe in Rhodesiens Hauptstadt Salisbury ein. Sie bestiegen den extra aus Pretoria herangeschafften Rolls-Royce Silver Shadow des Botschafters Seiner Majestät in Südafrika und überbrachten dem Rebellen-Premier lan Smith einen Geheimplan, den der längst kannte:

Smith -- gerade am Vortage von den 270 000 Rhodesien-Weißen als ihr unbestrittener Führer bestätigt -- soll zurücktreten. Ein britischer Hochkommissar und eine Uno-Friedenstruppe beaufsichtigen anschließend Wahlen, bei denen endlich auch Rhodesiens sechs Millionen Schwarze stimmberechtigt sind. Smiths Armee wird zum Teil aufgelöst. Die schwarze Mehrheit übernimmt die Macht.

Der pokergesichtige Rhodesienchef zeigte sich über den Plan »in Teilen angenehm überrascht« -- zum Schein. Denn bisher hatte er das britisch-amerikanische Konzept als hirnverbrannt abgetan. Smith hatte aber auch gepredigt, daß sein Regime »nicht als der schuldige Teil dastehen« dürfe, »wenn die britisch-amerikanische Initiative fehlschlägt«. Und genau das kann der gerissene Taktiker nun behaupten. Denn seine Gegner von der schwarzen »Patriotischen Front«, Joshuab Nkomo und Robert Mugabe, verdammten den Plan noch am Donnerstag.

Auch Smith weiß jedoch, daß »die Zeit kommen wird, in der die Zusammensetzung der Regierung die Zusammensetzung der Bevölkerung reflektieren wird«. Er strebt deshalb eine »interne Lösung« mit Rhodesiens Schwarzen an nach dem Grundsatz: Ihr bekommt die Regierung, wir kontrollieren die Banken und die Sicherheitskräfte.

Letzte weiße Hoffnung in diesem dunklen Spiel ist ein Mann, der 1969 Smiths Ermordung geplant haben soll: Ndabaningi Sithole, 57. Der gelernte Pfarrer galt lange als der radikalste unter allen schwarzen Politikern und verbrachte über zehn Jahre in Haft und Verbannung.

Als nach dem Zusammenbruch des protugiesischen Kolonialreichs und den Auf ständen in der südafrikanischen Schwarzen-Stadt Soweto deutlich wurde, daß die Tage der weißen Minderheits-Herrschaft gezählt sind, brachen unter Rhodesiens schwarzen Politikern Machtkämpfe aus.

Smith witterte eine Chance. Er ließ den Haftbefehl gegen den im Exil lebenden Sithole aufheben und zeigte sich verhandlungsbereit. Sithole kehrte daraufhin im Juli nach Rhodesien zurück und verurteilte bewaffnete Anschläge der schwarzen Befreiungsbewegungen.

Der Veteran unter den Unabhängigkeitskämpfern behauptet, noch immer großen Einfluß auf die Partisanen seiner Rivalen Nkomo und Mugabe zu haben: »Die Guerrilleros werden auf mich hören. Das ist wichtig für die Zukunft.« Smith hofft, daß Sithole den bewaffneten Kampf stoppen kann. Als Lohn winkt dem schwarzen Pfarrer der Posten eines rhodesischen Regierungschefs.

Ob aber der raffinierte Sithole lange mitspielen wird, bleibt fraglich. Bischof Muzorewa, die vorletzte schwarze Hoffnung der Weißen, hatte nach einigem Lavieren aufgegeben: »Wir haben das Stadium erreicht, in dem es einem Todeskuß gleichkommt, in Smiths Regierung einzutreten.«

Die weißen Rhodesier befürchten ihren Todeskuß durch den farbigen Vermittler Andrew Young. Sie machen den Carter-Protegé dafür verantwortlich, daß Washington nun offenbar nicht mehr bereit ist, Rhodesien als Teil der freien Welt vor dem Kommunismus zu schützen. Smiths Minister Roger Hawkins: »Young ist eine Bedrohung für die Weißen in der ganzen Welt.«

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