FRANKREICH / HOTELS Belami der Massen
Durch die Drehtür der Pariser Prominenten-Heiterge »Plaza Athénie« quirite empörtes Personal ins Freie. Pagen und Putzfrauen, Küchenjungen und Zimmermädchen, Barkeeper, Kellner und Schuhglänzer formierten sich auf der Straße -- zum Protestmarsch gegen englische Eindringlinge.
Auf der Avenue Montaigne vereinigten sich die Plaza-Protestanten mit ihren Kollegen der Hotels »George V« und »La Trémoille«. Untergehakt demonstrierend wollten sie ein Waterloo abwenden: Ihre Dienstherrin, Madame Francois Dupré, hat die drei Hochburgen gallischer Gastlichkeit für rund 100 Millionen Mark an einen Engländer ausgeliefert -- an den Snackbar-König Charles Forte, 59.
Die aufgescheuchten Küchen- und Kellergeister marschierten für eine große Tradition. In ihren Plüsch-Paradiesen tummelt sich der internationale Jet- und Bett-set -- europäische Prinzessinnen und indische Maharadschas, nordamerikanische Tycoons und südamerikanische Nerzdamen.
Im »Plaza Athénée«, wo schon Mata Hari in barocken Lobbies ihre Fäden spann, umsorgen 450 Angestellte eine exquisite Klientel, die bereitwillig bis zu 400 Mark für eine Plazanacht bezahlt. Allein 45 Köche brutzeln für den dining-room, dessen Vorzüge der Hotelführer Michelin mit fünf gekreuzten Löffeln und Gabeln sowie zwei (von drei möglichen) Sternen lobt.
Und das alles, so fürchten die Demonstranten, werde anders werden, wenn erst der englische Forte die Zügel in die Hand nimmt. Zwar hatte der Snack-Zar gelobt, »daß nichts an den Gepflogenheiten und Traditionen dieser Pariser Paläste geändert wird. Aber den Franzosen erscheint der Brite als Belami des Massengeschmacks.
Forte, gebürtiger Italiener, der in London mit einer zugigen Snackbar begonnen hatte, überzog ganz Britannien mit Milch- und Snackbar-Ketten, Kneipen und Bowling-Bahnen. Dann bekam der Herr des Imbiß-Imperiums Appetit auf Hotels. Heute ist er Besitzer und Teilhaber von 23 Herbergen in England und Irland, auf den Bermudas, auf Malta und Mauritius. Heute beschäftigt er 16000 Menschen.
Forte liefert die Fertiggerichte für acht internationale Fluggesellschaften und unterhält mehrere Flughafenrestaurants.
Wichtigster Teilhaber an Fortes Fortune ist die British European Airways (BEA). Und für BEA-Passagiere kaufte Forte, dessen Vermögen auf 300 Millionen Mark geschätzt wird, die Pariser Hotelpaläste. Denn, so erläutert BEA-Mann Ron Spencer: »Die Zeiten, in denen man nur Luftreise« verkaufte, sind vorbei, »heute muß man kompletten Reiseservice bieten«.
Deshalb wollte Amerikas PanAm bereits im Vorjahr der Madame Dupré ihre Luxus-Herbergen abschnacken, sie verhandelten vergebens. -- Aber auch der glücklichere Forte kann sich seines Triumphes noch nicht erfreuen.
Frankreichs Finanzminister Debré hat laut Gesetz die Möglichkeit, ausländische Investitionen zu verhindern. An ihn appellierte inzwischen sogar der Pariser Hotelier-Verband. Mit seiner Hilfe hoffen die Demonstranten auf ein stolzes »Non«, denn: »Wir wollen nicht Hunderte von diesen Touristen in kurzen Hosen mit ihren Kameras unterm Arm«, empörte sich Jacques Demoulian, der Sprecher des Plaza-Personals. Ein Liftboy meuterte: »Dann können wir ihnen gleich den Triumphbogen verscherbeln.«