Nach Aufruf zu Stopp der Justizreform Netanyahu entlässt Verteidigungsminister Gallant – Tausende protestieren

Protest in Tel Aviv nach der Entlassung von Verteidigungsminister Gallant
Foto: Ohad Zwigenberg / APDer israelische Premierminister Benjamin Netanyahu hat seinen Verteidigungsminister Yoaw Gallant entlassen. Das teilte das Büro des Regierungschefs in einer Erklärung mit. Zuvor hatte Gallant dazu aufgerufen, die Umsetzung der umstrittenen Justizreform vorübergehend zu verschieben. Wie Netanyahu gehört Gallant der Likud-Partei an.
Der bisherige Verteidigungsminister hatte am Samstagabend überraschend die eigene Regierung zum Stopp der Reform und zum Dialog mit Kritikern aufgefordert. Gallant warnte, dass die nationale Sicherheit ansonsten schweren Schaden nehmen könnte. Er verwies darauf, dass zahlreiche Reservisten aus Protest gegen die Reform nicht zum Dienst erschienen. Netanyahus Koalition plant Kernelemente der Reform in den nächsten Tagen umzusetzen.
Proteste seit Monaten

Protestierende zünden ein Feuer auf einer Straße in Tel Aviv
Foto: Ohad Zwigenberg / APAls Reaktion auf die Entlassung gingen am Abend Tausende Demonstrierende auf die Straße. Fernsehbilder der Nachrichtenagentur Reuters zeigten eine riesige Menschenmenge, die die Hauptverkehrsstraße von Tel Aviv blockierte, sowie eine Gruppe von Demonstranten, die ein Feuer in der Mitte der Straße anzündete. Wie mehrere Medien, darunter Reuters und die israelische Tageszeitung »Haaretz« , berichteten, durchbrachen Protestierende Absperrungen vor Netanyahus Wohnsitz. Die Polizei setzte Wasserwerfer gegen Demonstranten ein.
Der israelische Generalkonsul in New York erklärte am Abend seinen Rücktritt aus Protest gegen die Entlassung Gallants. »Ich kann diese Regierung nicht länger vertreten«, schrieb Asaf Zamir auf Twitter. »Ich glaube, es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass Israel ein Leuchtturm der Demokratie und Freiheit in der Welt bleibt.«
Seit Monaten richten sich Proteste gegen die Reform , mit der der Einfluss des Höchsten Gerichts beschnitten werden soll. Auch international haben die Pläne der rechts-religiösen Regierung erhebliche Kritik ausgelöst.
Die Abstimmung über ein Gesetz, das Regierungspolitikern mehr Einfluss bei der Ernennung von Richtern verleihen soll, könnte bereits an diesem Montag stattfinden. Noch ist unklar, wie Kritiker innerhalb der Regierung stimmen werden. Die Koalition hat im Parlament nur eine Mehrheit von vier Mandaten.
Die Regierung wirft dem Höchsten Gericht übermäßige Einmischung in politische Entscheidungen vor. Dem Parlament soll es künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Kritiker sehen die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen vor einer Staatskrise.