MINISTER Besonderer Schutz
Angela Merkel stellt hohe Ansprüche - auch an sich selbst. »Wer von anderen Opfer verlangt, muss bei sich selber anfangen«, sagte die Kanzlerin schon vor ihrem Amtsantritt im Herbst 2005. Für die regierenden Politiker müsse deshalb gelten: »Beim Sparen darf niemand ausgenommen werden.«
Entsprechend stolz ist die Große Koalition nun auf ein Projekt, das ihre Bereitschaft zum Verzicht mustergültig zu belegen scheint: die Reform des Bundesministergesetzes, das die Entlohnung der Minister regelt. »Die Bundesregierung macht deutlich, dass sie mit gutem Beispiel vorangeht«, verkündete Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Vorstellung des Gesetzentwurfs vor wenigen Wochen.
Es wird nicht mehr lange dauern, bis die schwarz-rote Parlamentsmehrheit dem Plan zustimmen wird. Die Ministerinnen und Minister der Bundesrepublik Deutschland sind nach jahrelangem Widerstand offenbar endlich bereit, auf einen Teil ihrer Luxuspensionen zu verzichten. Ruhegeld soll es demnach künftig erst nach vier Jahren Ministertätigkeit geben; bislang reicht dafür eine Zeit von zwei Amtsjahren.
Die Altersgrenze wird auf 65 Jahre angehoben, jedenfalls theoretisch. Und schließlich sollen Übergangsgelder anstatt drei Jahre lang nur noch zwei Jahre gezahlt werden.
Seit langem kritisieren Staatsrechtler und Politikwissenschaftler die auch im internationalen Vergleich großzügigen Übergangs- und Ruhegehälter deutscher Ex-Minister. Die Regierenden taten sich immer schwer, die eigenen Privilegien anzutasten - menschlich verständlich, aber politisch fragwürdig.
Der Union und den Sozialdemokraten ist es nun gelungen, ein Gesetz anzuschieben, das auf den ersten Blick wie eine Reform aussieht, gleichzeitig aber das Kunststück vollbringt, den Schaden für Minister auf ein Minimum zu begrenzen. Mehr noch: An den allermeisten Mitgliedern des derzeitigen Kabinetts werden die angeblichen Kürzungen spurlos vorübergehen.
Der Trick steckt in einer verklausulierten Übergangsregelung. Demnach gilt das Spargesetz nicht für jene Minister, die bereits vor November 2005 im Amt waren. SPD-Politiker wie Franz Müntefering, Brigitte Zypries, Heidemarie Wieczorek-Zeul und Ulla Schmidt können befreit aufatmen. Die Rente der Unions-Veteranen Wolfgang Schäuble und Horst Seehofer ist ebenfalls sicher - auch wenn Schäuble ("Einschnitte gelten bereits für die jetzige Bundesregierung") in der Öffentlichkeit allzu gern einen anderen Eindruck erweckt.
Vervollkommnet wird die Übergangsregelung durch eine weitere pfiffige Passage, die auch die meisten ehemaligen Landesminister unter besonderen Schutz stellt. »Ehemalige Mitglieder einer Landesregierung« sind demnach so zu behandeln, »als wären sie die gesamte Zeit Mitglied der Bundesregierung gewesen« - eine irritierende Vorstellung, an die sich die CDU-Minister Ursula von der Leyen, Annette Schavan und Thomas de Maizière in Erwartung ihrer Altersbezüge aber gern gewöhnen werden.
Entsprechend übersichtlich ist am Ende der Kreis derer, die das Spargesetz überhaupt treffen wird. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) gehört dazu, ebenso sein SPD-Kollege Sigmar Gabriel.
Sorge vor Altersarmut müssen freilich auch sie nicht haben. Gabriel etwa hat bereits Anspruch auf die Ruhegelder eines ehemaligen niedersächsischen Regierungsmitglieds, dort war er Ministerpräsident.
Bei Glos liegt die zu erwartende Sockelpension nach mehr als 30 Jahren Bundestagszugehörigkeit bereits bei rund 5000 Euro im Monat - ein schönes Altersgeld und, vor allem, ein Mehrfaches der deutschen Durchschnittsrente.
Tatsächlich hält sich die mit dem Gesetzentwurf verbundene Unbill auch für künftige Ministergenerationen in überschaubaren Grenzen. Während sich Arbeiter und Angestellte auf den Ruhestand mit 67 Jahren einstellen müssen, dürfen verdiente Kabinettsmitglieder deutlich früher aufs Altenteil. Bereits mit 60 Jahren können Minister a. D. eine Frühpension beziehen, so sieht es das angebliche Spargesetz großzügig vor. Der Abschlag beträgt maximal 14,4 Prozent, was sich sicherlich verschmerzen lässt.
Und so werden die Minister auch künftig deutlich besser behandelt als die Beamten, an denen sie sich eigentlich messen lassen wollen. Staatsdiener des Bundes nämlich dürfen frühestens mit 63 Jahren in Pension gehen.
So ist es kein Wunder, dass die heftigste Kritik an dem geplanten Gesetz bislang ausgerechnet von denen kommt, die es im Auftrag der Politiker erdacht haben: den Staatsdienern des Bundes. »Es geht nicht an, dass Politiker für sich selbst die günstigste Lösung konstruieren«, mosert Peter Heesen, Chef des Beamtenbundes.
Eine so schöne Pensionsreform hätten die Staatsdiener schließlich auch gern.
PETRA BORNHÖFT, ALEXANDER NEUBACHER