UGANDA / MILITÄRPUTSCH Big Idi
Ich bin der vielleicht einzige afrikanische Führer, der keinen Militärputsch fürchten muß«, protzte Ugandas Apollo Milton Obote im vergangenen Jahr. Letzten Montag übernahmen Soldaten die Macht in Uganda.
Generalmajor Idi Amin, 46, nutzte die Abwesenheit des Präsidenten und des Sicherheitschefs zum ersten Putsch in Afrika im Jahre 1971. Der 1,93 Meter große ("Big Idi") neunmalige Landesmeister im Schwergewichtsboxen stoppte Ugandas »Rutsch nach links« (Obote) -- zur Freude der Engländer.
»Für die Briten In Uganda muß der Sturz Obotes eine große Erleichterung sein«, meldete der konservative Londoner »Daily Telegraph«. Die »Times« war nur überrascht, »daß der Coup so lange auf sich warten ließ ... wo doch Obote seit der Unabhängigkeit ständig einen politischen Drahtseilakt vollführen mußte«.
Tatsächlich hatten Stammesgegensätze die ehemalige englische Kolonie seit 1962 wiederholt in tiefe Krisen gestürzt. So mußte Obote 1966 die Armee gegen den Kabaka, den Führer des mächtigen Baganda-Stammes, einsetzen. Aber erst als sich der Präsident vor einem Jahr anschickte, die gesellschaftlichen Grundlagen in Uganda radikal zu verändern, drohte seinem Regime ernstlich Gefahr.
Ende 1969 hatte Obote die »Charta des kleinen Mannes«, seinen Weg zum Sozialismus, verkündet. Im Mai 1970 übernahm die Regierung die Kontrolle über die wichtigsten Sektoren der Volkswirtschaft des Acht-Millionen-Einwohner-Staates. Industrieunternehmen, Banken, Versicherungsgesellschaften und Kaffee-Plantagen (Ugandas wichtigste Devisenbringer) mußten 60 Prozent ihres Kapitals an den Staat abtreten. Den Außenhandel übernahm die Regierung selbst (SPIEGEL 20/1970).
Da nur wenige Uganda-Bürger nennenswertes Kapital besitzen, traf die Teilnationalisierung vor allem Ausländer, besonders Briten. Die hatten In Ugandas Wirtschaft rund 350 Millionen Mark investiert:
Ein britisches Transportunternehmen beherrschte zum Beispiel den Busverkehr, Shell -- BP belieferte Ugandas Treibstoffmarkt zu 40 Prozent, Ugandas erste Reifenfabrik gehörte der britischen Dunlop Company, die Londoner Bank Barclays D.C.O. unterhielt in Obotes Staat 41 Filialen.
Obote führte eine nicht konvertible Uganda-Währung ein, um die drohende Kapitalflucht einzudämmen. Gegen diese Maßnahme murrten freilich nicht nur weiße und farbige Kapitalisten. Ugandas Bürger hatten seit jeher auch in Kenia und Tansania, den gleich Uganda zur Ostafrikanischen Gemeinschaft gehörenden Nachbarländern, gekauft und gehandelt. Das war nun nicht mehr möglich.
Armee-Chef Idi Amin, der mit Englands Kolonialarmee im Zweiten Weltkrieg in Burma und während der Mau-Mau-Revolte in Kenia gekämpft hatte, übte Kritik an Obotes linker Politik. Präsident Obote beförderte daraufhin den populären Soldaten auf einen Schreibtischposten.
In den Streitkräften gewannen Ostblockberater und In Ostblockstaaten ausgebildete Uganda-Offiziere immer mehr Einfluß. Außerdem protegierte Obote in der Armee die Mitglieder seines Stammes, der Langi.
Der kaltgestelte Big Idi -- ein Moslem mit vier Ehefrauen, gleichwohl ein Bewunderer von Israels Armee -- konspirierte mit unzufriedenen Freunden beim Militär und in der Polizei. Stunden vor Obotes Rückkehr von der Commonwealth-Konferenz in Singapur schlug der Ex-Boxer zu. An Bord einer VC-10 erfuhr der Präsident Im Manöver 1966.
aus den Nachrichten des Londoner Rundfunks von seinem Sturz.
Verlierer Obote möchte mit Hilfe seines sozialistischen Freundes Julius Nyerere von Tansania in sein Reich zurückkehren. Nyerere dementierte, Schon einmal hatte Hilfe von außen Obote gerettet: 1964, als Ugandas Armee zum erstenmal meuterte. Damals halfen die Engländer. Sieben Jahre später »stellte sich diese Frage nicht mehr« (so ein britischer Regierungssprecher).
Obote-Nachfolger Idi Amin dagegen versprach, gute Beziehungen mit den Engländern zu pflegen -- »weil dieses Volk Uganda gut regiert hat«.