Bittere Enttäuschung
Nr. 48/1997, Regisseure: Peter Zadek über seinen Krach mit den Münchner Kammerspielen
Die Absetzung der Theaterstücke »Alice im Wunderland« und »Richard III.« ist als mutiger und zweifellos richtiger Schritt zu bewerten. Wie kommt Zadek, ein anerkannter Theaterregisseur, nur auf die Idee, einen der stärksten Charaktere Shakespeares in solch ein bunt-kitschiges Wunderland zu verfrachten und den hervorragenden Hauptdarsteller Manker derart albern und inkonsequent spielen zu lassen.
WEIßENBURG (BAYERN) JÖRN FLORIAN FUCHS
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Die Münchner Kammerspiele haben sich von Peter Zadeks Arbeit sehr viel erhofft. Das Theater hat deshalb anderthalb Jahre lang seine ganze Kraft auf »Alice« und »Richard III.« gewandt - und viel Geld dazu. Zadek sollte alle Möglichkeiten haben zu einer freien und ungebärdigen und kühnen Arbeit. Die Enttäuschung war bitter - nicht über die Kritiken, sondern darüber, daß Zadek sich mit dem Haus seiner Wahl und dessen Möglichkeiten überhaupt nicht auseinandergesetzt hat. Statt den Betrieb für sich zu benutzen, hat er ihn lahmgelegt, statt ihn herauszufordern, hat er ihn beschimpft. So kam es zu zwei unzulänglichen künstlerischen Ergebnissen: Peter Zadek hat mit seinen und unseren Pfunden nicht gewuchert - er hat sie vertan. Das Haus hat getan, was es konnte. Es hat nicht gereicht. Das ist unsere Niederlage. Zadek hat nicht getan, was er konnte. Oder konnte nicht, was er wollte. Das ist seine Niederlage. Aber damit genug: Unseren Abonnenten gegenüber haben wir unsere Pflicht erfüllt, eine Kür wird es nicht geben. Im Repertoire über längere Zeit hin ist ein Stück mit Paulus Manker nicht zu halten: erratisch wie er spielt und sich verhält (nicht immer, aber ziemlich oft), ist er in jeder Vorstellung ein Sicherheitsrisiko - in ein Ensemble nicht integrierbar. Und als Schauspieler so überragend nicht, um dennoch ertragen zu werden. Wir sind um all das traurig - und doch froh, einen anständigen Schlußpunkt gesetzt zu haben.
MÜNCHEN MICHAEL WACHSMANN
MÜNCHNER KAMMERSPIELE