Bleibendes Kainsmal
(Nr. 15/1991, SPIEGEL-Titel: Saddams Genozid an den Kurden)
Es tut gut zu wissen, daß nicht nur bedrohte, aussterbende Insektenarten und brennende Ölquellen mit Bestürzung in Schutz genommen werden, sondern auch der Genozid der Kurden Aufmerksamkeit erlangt. Vielen Dank für Ihre aufklärenden Berichte über eines der ältesten Völker dieser Erde - wenn es überlebt! *UNTERSCHRIFT: Duisburg DR. MED. H. J. SALIH
Angesichts der Grausamkeiten und der Härte des in Nordirak stattfindenen Genozids frage ich mich, wo die empörten Massen vom Januar bleiben. Wo sind Aufrufe von Gewerkschaften und Kirchen zum Frieden und gegen Saddam? *UNTERSCHRIFT: Hamburg AXEL SCHILLING
Nun wird Bush indirekt dafür verantwortlich gemacht, daß Saddam die Kurden mit Senfgas und Napalm tötet! Das ist ja ekelhaft! Als in Washington Stimmen laut wurden, das Kriegsziel der Amis sei neben der Befreiung Kuweits auch der Sturz Saddams, war man doch überall entsetzt! Gerade in der ach so edel gesinnten Friedensbewegung war man empört. Die Sowjets und andere Staaten sprachen sich im Weltsicherheitsrat dagegen aus, über die Resolution hinaus gehende Kriegsziele zu billigen! Warum also das Geschrei? Ihr habt mit euren Demonstrationen Bush gehindert, Saddam zu stürzen. Jetzt tut Saddam das, was er immer getan hat: morden! *UNTERSCHRIFT: Berlin JULIA WELSCH
Bush mag - wie Pilatus - vergeblich seine Hände waschen, das Blut der Kurden, das er durch seine unterlassene Hilfe mitverschuldet hat, ist sein bleibendes Kainsmal! *UNTERSCHRIFT: Friedrichshafen (Bad.-Württ.) HEINZ SCHINDLER
Ein Flüchtlings-Strom mit Tod, Elend und Tränen. Früchte einer paranoiden Weltordnung? Wer kann diese Kriegswunden heilen? Etwa Bush, Kohl oder der Rüstungsaktionär Vatikan? Die sogenannte Weltordnung, eine Mördergrube? Eine Politik des Grauens? Die Regierenden taumeln von einer Niederlage in die andere. *UNTERSCHRIFT: Zürich MARKUS FLURY
Sie kritisieren, daß die Amerikaner nicht gegen Saddam Husseins Versuch eines Völkermordes an den Kurden einschreiten, obwohl sie ein Sechstel des Irak besetzt halten und den gesamten Luftraum beherrschen. Diese Zurückhaltung, führen Sie aus, stehe »in krassem Gegensatz zu dem irrwitzigen Waffeneinsatz im Golfkrieg«. Sie vegessen hinzuzufügen, daß ohne diesen irrwitzigen Waffeneinsatz die Amerikaner heute weder ein Sechstel des Irak besetzt halten noch den Luftraum beherrschen würden. Wer sich jetzt über die schändliche Politik der Alliierten aufregt und grad gestern noch für einen Waffenstillstand um jeden Preis war - der muß sich fragen lassen, ob er schizophren oder grenzdebil ist. *UNTERSCHRIFT: Hamburg HANNES STEIN
Das Kurdenunglück demaskiert sie alle! Die USA: feiern 100 000 Tote. Neue Weltordnung? Nie gehört. Die Uno: folgenloses Verurteilen. China, Kuba und Konsorten: erkennen den Saddam in sich und . . . schweigen. Genscher: Verbal-Aktionismus. Die Demonstranten: offenbaren die Abrufbarkeit ihres Entrüstungspotentials. Aber zumindest Inge Wettig-Danielmeier kämpft tapfer gegen den gemeinsamen Ehenamen . . . Vorhang! *UNTERSCHRIFT: Köln ULF MÖDDER *BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
Total veraltet *EINLEITUNG: (Nr. 15/1991, Luftverkehr: Lotsenstreik für Privatisierung?) *
Der SPIEGEL äußert den Verdacht, daß die »Bonner Beamtenlobby« auf die Entscheidung des Bundespräsidenten Einfluß gehabt habe, das zehnte Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes nicht auszufertigen. Das trifft nicht zu. Bei der Prüfung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten ging es ausschließlich um die Frage, ob dieses mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Maßgeblicher Gesichtspunkt für die verfassungsrechtliche Beurteilung sind nicht die fachlichen Anforderungen der Praxis. Vielmehr ist umgekehrt die geltende Verfassung der Maßstab für die Rechtmäßigkeit einer vorgesehenen Regelung. Jedes Verfassungsorgan, also auch der Bundespräsident, ist strikt an die Verfassung gebunden. Wie der frühere Richter des Bundesverfassungsgerichts Professor Dr. Konrad Hesse in einer Stellungnahme für den Bundespräsidenten zu diesem Gesetz ausgeführt hat, »(gewinnt) die Bindung an die Verfassung ihre Bedeutung gerade dort, wo sie einmal unbequem wird«. Der Bundespräsident wird jeden verfassungsrechtlich zulässigen Weg mitgehen, um das Ziel des Gesetzgebers zu verwirklichen, die Effektivität der Flugsicherung durch Privatisierung zu steigern. So wenig wie durch Einflüsterungen einer Beamtenlobby kann er sich jedoch dabei durch politischen Druck eines Interessenverbandes beeinflussen lassen. *UNTERSCHRIFT: Bonn HANS-HENNING HORSTMANN Bundespräsidialamt
Der Patient »Luftverkehr« ist schwer krank und steht kurz vor dem Infarkt. Tatsächlich hauptverantwortlich jedoch ist ein völlig überfordertes Organ: die Bundesanstalt für Flugsicherung. Weil sie die technische Entwicklung verschlafen hat, sind ihre Flugsicherungscomputer total veraltet und deshalb restlos überlastet. Kaum ein junger Mann ist heute bereit, Fluglotse zu werden. Weil scheinbar sonst nichts mehr greift, greift der Bund jetzt zur Privatisierung. Damit wird allerdings noch kein schlüssiges Konzept für die Neuordnung der deutschen Flugsicherung vorgelegt. Ohnehin hat man dabei nur an die eine Hälfte der deutschen Lotsen gedacht. Daß Tag für Tag etwa tausend Bundeswehrfluglotsen einen wesentlichen Beitrag zur gesamten Verkehrsabwicklung leisten, wird hier, wie so oft, einfach vergessen. Solange es nicht auch für sie ein neues Konzept gibt, wird die Krise der deutschen Flugsicherung unvermindert anhalten. *UNTERSCHRIFT: Gangelt (Nrdrh.-Westf.) REIMUND BOGACZYK Bundesverband der Militärischen Flugsicherung Deutschlands *BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
New York in Weißglut *EINLEITUNG: (Nr. 14/1991, Fernsehen: Dokumentarspiel über die Versuche im Zweiten Weltkrieg, eine deutsche Atombombe zu bauen) *
In Ihrem Bericht wird wiederholt der Eindruck erweckt, die Atomphysiker hätten zunächst gar nicht begriffen, was die Hahnsche Entdeckung militärisch bedeutete. Meine erste Frau war die Schwester von Frau Heisenberg, sie war bei Kriegsausbruch bei Heisenbergs in Urfeld und schrieb mir nach Berlin am 30. August 1939 (bei mir zitiert in meinen Kriegsaufzeichnungen »Mein Krieg«, Neudruck 1989): »Ich höre, es wäre gelungen, ein Atom zu zertrümmern. Ungeheure Energien würden dabei frei. Vielleicht gelingt es in einiger Zeit, eine größere Quantität von diesem Explosionsstoff herzustellen, dann kann man eine Stadt wie New York in Weißglut versetzen. Da taucht also das Ende dieser Kriege auf.« Woher hatte sie diese Kenntnisse? So war das, und auf der ganzen Welt gab es keinen Atomphysiker, der nicht sofort begriffen hätte, was der Hahnsche Laborversuch bedeutete. *UNTERSCHRIFT: Venedig ERICH KUBY *BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
»Stur-Heil-Optimisten«? *EINLEITUNG: (Nr. 14/1991, Forschung: Trübsinn im Rechtshirn) *
Beim Lesen Ihres Berichtes muß ich mich fragen: Weckt man hier Hoffnungen oder malt man nicht vielmehr den Teufel an die Wand, indem man Depressive in eine Art »Stur-Heil-Optimisten« verwandeln möchte? *UNTERSCHRIFT: Königstein (Hessen) EVA MATERN-SCHERNER
Nun haben wir endlich den Beweis: Die alte Holzhammer-Methode ist immer noch das Beste gegen Depressionen. Nur aufpassen: Schlagen Sie sich nie gegen die linke Stirnseite, sonst könnte ein unerwünschter Effekt die Folge sein und sich Ihre Traurigkeit noch verschlimmern! *UNTERSCHRIFT: Berlin THOMAS REHORK
Die Lateralisation, das heißt die Bedeutung der dualen Organisation des Gehirns ist noch eine fast ungeschriebene Seite in der neurologischen Forschung. Die Rindenaktivität sowie die PET-Befunde in Ihrem Artikel spiegeln nur die Tatsache, daß das depressive Gehirn, besonders die linke Hirnhälfte des Depressiven, nicht »arbeitet«. Sie besagen aber nichts über den Entstehungsort der Depression. *UNTERSCHRIFT: Kuopio (Finnland) DR. AIMO KARINEN Chefarzt der Neurologie Universität Kuopio
Ihr Artikel endet mit dem Ausblick, negative Gefühle durch ein Verhaltenstraining zu regulieren. Die hierbei verwendete Biofeedback-Methode zur Aktivierung bestimmter Hirnstrommuster halte ich für sehr problematisch: *___Die individuellen Ursachen der Depression können durch ____Biofeedback nicht erkannt werden. *___Durch die rein hirnanatomische Betrachtungsweise wird ____das EEG-Muster einer Depression nicht als ein ____körperliches Begleitphänomen, sondern als ____eigenständiges Merkmal gedeutet und nun isoliert zum ____Trainingsobjekt gemacht. *___Die Kompetenz des Patienten, eigene ____Selbstheilungstendenzen etwa durch eine Psychotherapie ____zu aktivieren, wird an eine Apparatur delegiert. Dieser ____Vorgang entmündigt die Patienten. *UNTERSCHRIFT: ____Hannover STEPHAN DEBUS Dipl.-Psych., Neurologische ____Klinik der Medizinischen Hochschule
Beim Krankheitsbild Depression werden keineswegs nur Störungen des »rechten Hirnlappens« gefunden. Die meisten Autoren gehen heute von einer Beteiligung beider Hemisphären bei der Depression aus. Zudem zeigen neurobiologische Untersuchungen, daß die angeführten Erklärungsansätze nicht ausreichen und man von einem sehr viel komplexeren Zusammenspiel verschiedener Funktionssysteme im Gehirn ausgehen muß. *UNTERSCHRIFT: Freiburg DR. MED. ROSA A. FEHRENBACH DIPL.-PSYCH. MATTHIAS FÜNFGELD Abteilung Allgemeine Psychiatrie der Universität Freiburg *BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
Gefreut und geärgert *EINLEITUNG: (Nr. 14/1991, Bücher: Walter Boehlich über den israelischen Dissidenten Jeshajahu Leibowitz) *
Ihr Artikel hat mich erfreut und geärgert zugleich. Erfreut, weil Sie sich einem der bedeutendsten zeitgenössischen jüdischen Denker zugewandt haben, geärgert, weil Walter Boehlich Leibowitz' Radikalismen süffisant als überdrehte Schrullen eines sonderlichen alten Mannes abtut. Die von Boehlich zitierten Aussagen beruhen hingegen auf erstaunlich stringenten philosophischen und theologischen Überlegungen, die Leibowitz Maimonides ablauschte und die der Schlüssel zum Verständnis dieses Mannes sind. Dennoch, Ihr Artikel mag dazu anregen, sich mit einem der interessantesten Religionsphilosophen zu beschäftigen, den in Israel jeder, in Deutschland aber leider kaum einer kennt. *UNTERSCHRIFT: Berlin DR. KIM STRÜBIND *BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
Völlig einig *EINLEITUNG: (Nr. 14/1991, Städtebau: Europas größtes Sanierungsgebiet - Berlins Prenzlauer Berg) *
Die so dringend notwendige Stadterneuerung in den Kiezbereichen von Prenzlauer Berg wird mit den Bewohnern und äußerster Sensibilität betrieben. Von einer Verdrängung der dort jetzt lebenden Menschen oder gar Eingriffen »mit Markanz und Brutalität« kann nicht die Rede sein. Darin sind sich Bausenator Wolfgang Nagel und der bei ihm für die Investorensuche zuständige Mitarbeiter Hanno Klein völlig einig. Wie die »Marschrichtung« und auch schon erste Erfolge sind, läßt sich an bereits fertiggestellten Projekten im Rahmen des »25-Millionen-DM-Notprogramms« feststellen, an dem als Einstimmung für die noch anstehenden Aufgaben seit einem Jahr gearbeitet wird. Leider wirft da der SPIEGEL-Satz, an diesen Projekten werde »kaum noch gehämmert und verputzt«, ein falsches Licht auf die tatsächliche Situation. *UNTERSCHRIFT: Berlin PETER WENINGER Senat für Bau- und Wohnungswesen *BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
Ähnlich zurückhaltend *EINLEITUNG: (Nr. 13/1991, Europa: Sturm auf die Wohlstandsfeste) *
In meiner Eigenschaft als zuständiger Minister für das dänische Ausländerrecht möchte ich auf Ihren Artikel reagieren. Der SPIEGEL schreibt, daß Dänemark Personen in sogenannte »sichere« Länder zurückschicke, und führt als Beispiele hierfür Rumänien und die Sowjetunion an. Das stimmt so nicht. Die dänischen Behörden nehmen eine generelle Beurteilung der Bereitschaft eines Landes zur Einhaltung der Genfer Konvention vor, ehe es als »sicher« bezeichnet wird. Dieses Prädikat wurde Rumänien und der Sowjetunion bestimmt nicht erteilt. Dagegen betrachtet Dänemark eine Reihe westlicher Länder, darunter auch Deutschland, als »sichere« Länder. Das gleiche gilt für die nordischen Länder, die übrigens die Zurückweisung ähnlich wie Dänemark handhaben. Ich möchte aber betonen, daß die Frage des Asyls für Personen - auch aus Rumänien und der Sowjetunion - in Dänemark nach individueller Beurteilung entschieden wird. Es bleibt zu hoffen, daß sich die Situation in Rumänien und der Sowjetunion verbessert, so daß wir eines Tages hoffentlich erleben werden, daß auch diese beiden Länder die Bestimmungen der Uno-Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge einhalten. *UNTERSCHRIFT: Kopenhagen HANS ENGELL Justizminister *BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
Persönlich unbekannt *EINLEITUNG: (Nr. 16/1991, Personalien) *
Sie schreiben, ich hätte, wie Graf Lambsdorff und Hans-Dietrich Genscher, als Redner eine der Veranstaltungen des Düsseldorfer Abschreibungs-Spezialisten Mario Ohoven geschmückt und dafür ein fünfstelliges Vortragshonorar bekommen. In beiden Punkten haben Sie sich geirrt. Ich war weder Redner einer Veranstaltung von Ohoven noch habe ich ein Honorar von ihm bekommen. Außerdem kenne ich ihn persönlich gar nicht. *UNTERSCHRIFT: Köln WALTER SCHEEL *BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
Ohne private Herrchen *EINLEITUNG: (Nr. 14/1991, Polizei: Hingabe im Nebenjob) *
Sie berichteten unter der Überschrift »Mit voller Hingabe« über Nebenbeschäftigungen deutscher Polizisten. Es heißt dort unter anderem, es gelinge gewitzten Polizisten immer wieder, Genehmigungen für Zweitjobs zu ergattern, in denen ihnen im Dienst erworbene Fähigkeiten zugute kommen. In Köln etwa dressiere der Leiter einer Diensthundestaffel nebenher auch Tiere für private Herrchen. Hierzu stelle ich als Leiter der einzigen Diensthundestaffel der Polizei in Köln fest, daß ich weder Hunde noch andere Tiere nebenher für private Herrchen dressiere oder seit meiner Tätigkeit in Köln dressiert habe, eine Genehmigung für einen Zweitjob habe und brauche ich folglich nicht. *UNTERSCHRIFT: Köln HERBERT HEIMANN Hauptkommissar
Herbert Heimann hat recht. Die Nebentätigkeit übte ein Diensthundeführer seiner Staffel aus. -Red. *BRIEFE *ÜBERSCHRIFT:
Schneller ins Lot *EINLEITUNG: (Nr. 8/1991, Trends: Zitat Ulrich Cartellieri) *
Wenn alle wohlstandstrotzenden »Wessis« so eine Ansicht hätten, käme das Wirtschafts-Dilemma der Deutschen »zweiter Klasse« sicherlich schneller ins Lot. *UNTERSCHRIFT: Bonn HANS VOM BERGE
Einer Teilauflage dieser SPIEGEL-Ausgabe ist ein Warenproben-Beikleber der Firma L'Oreal, Karlsruhe, beigeklebt. Eine Teilauflage dieser SPIEGEL-Ausgabe enthält eine Beilage des SPIEGEL-Verlages, Hamburg.