GRIECHENLAND / FRIEDERIKE Bleibt im Lande
Beim Nationalschnaps Ouzo, beim
Mokka und bei ihrer Lieblingsbeschäftigung - dem Politlasieren - in den Straßencafes der Hauptstadt Athen spotteten die patriarchalischen Griechen bis zum Tod ihres Monarchen Paul im März dieses Jahres: »Wir haben keinen König, wir haben eine Königin.«
Im September heiratete der neue König Konstantin, 24. Dänemarks Königstochter Anne-Marie, 18. Seither haben die Hellenen zwei Königinnen.
Denn Pauls Witwe Friederike mußte zwar den Titel Königin ablegen und sich Königinmutter nennen. Doch von der Macht mag sie nicht lassen.
Friederikes Absicht, »nahe dem Grab ihres Mannes und dem Thron ihres Sohnes zu bleiben«, ("Eleftheria«, Athen) führte letzte Woche zur Krise.
Premier Georglos Papandreou legte Friederike - nahe, mit einer jährlichen Staatsrente von 400 000 Mark auf ihre Güter im österreichischen Salzkammergut ins Exil zu gehen. .
Der Vorschlag sollte dem gehorsamen Sohn und König Konstantin künftiges Regieren ohne Mutter-Beihilfe ermöglichen und den seit Jahren umstrittenen Einfluß Friederikes auf Griechenlands Innenpolitk brechen.
Denn die stupsnasige Friederike Luise Thyra Viktoria Margarete Sophie Olga Cecilie Isabella Christa, Prinzessin von Hannover. Großbritannien und Irland, Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg, 47, letzte in Deutschland geborene Königin auf einem europäischen Thron, hat ihre Stellung stets mit deutscher Gründlichkeit genutzt.
Die Enkelin des letzten deutschen Kaisers, von 1934 bis 1935, in einem englischen Pensionat, von 1935 bis 1937 im BDM, war in den 17 Jahren der Königsherrschaft Pauls zur Mitregentin über neun Millionen Griechen geworden.
Mit Intelligenz, Charme und großer Hartnäckigkeit erlangte Friederike (1,60 Meter) auf Paul (1,90 Meter) bald so starken Einfluß, daß sie das Land über Paul regierte« (so der »Daily Express").
Die griechische Verfassung untersagt jede Einmischung des Hofes in die Tagespolitik des Landes. Dennoch wirkte Schattenregentin Friederike bei der Ernennung und Entlassung von Premiers und Ministern entscheidend mit.
Sie brachte Paul 1951 dazu, anstelle des populären Marschalls Alexander Papagos den Oberbefehl des Heeres zu übernehmen. Als Papagos, unterdessen Politiker und Regierungschef geworden, 1955 starb, vereitelte die Hannoveranerin auf dem Hellenenthron die Ernennung des Papagos-Protegés und Außenministers Stefanopoulos zum Premier. Neuer Ministerpräsident wurde Friederike - Anhänger Konstantin Karamanlis.
Die Parlamentswahl von 1961 fand etwas außerhalb der Legalität - unter Oberaufsicht des Friederike-treuen Generals Dovas statt, eines ehemaligen Generalstabschefs und Vorsitzenden des Königlichen Militärkabinetts. Die Nationalradikale Regierungspartei unter dem Königin-treuen Karamanlis siegte wie gewünscht.
Dennoch sagte sich Friederike bald darauf von ihrem Protegé los, als die bei den Wahlen benachteiligte oppositionelle Zentrums-Union zum erbitterten Kampf gegen Karamanlis und das Königshaus aufrief. Sie wollte die Monarchie retten, die in einen Streit der Parteien gezogen zu werden drohte. Vier Jahrzehnte zuvor hatte Paul-Bruder Georg nach einem Konflikt mit den Parteien das Land verlassen müssen, und Griechenland war elf Jahre lang Republik gewesen.
1963, als Königin Friederike zur Hochzeit der Prinzessin Alexandra von Kent nach London gereist war, konnte sie sich nur durch Flucht in ein Privathaus den Drohungen griechischer Emigranten entziehen. Deshalb riet Premier Karamanlis von einem wenige Monate später geplanten Staatsbesuch des Königs und der Königin in England ab. Doch Friederike bestand auf der Reise; König Paul fügte sich - wie fast immer - ihren Wünschen.
Karamanlis behielt recht. Das Königspaar konnte in London nur durch dichte Polizeikordons vor der Wut griechischer Demonstranten beschützt werden, die eine Freilassung politischer Häftlinge forderten, die seit dem Bürgerkrieg (1946 bis 1949) in griechischen Gefängnissen sitzen.
Premier Karamanlis, dessen Rat bei Hofe offensichtlich nichts mehr galt, trat zurück und ging außer Landes. Nach Neuwahlen, die Anfang dieses Jahres abgehalten wurden, unternahm der Führer der oppositionellen Zentrums-Union und Karamanlis-Feind Georglos Papandreou die Macht.
Wie mit Politikern, verfuhr Friederike auch mit Offizieren, Hofbediensteten und Diplomaten. Wandte ein Diplomat auf einer königlichen Cocktail-Party irgendwo im Saal König Paul den Rükken zu, so schickte Friederike Hofdamen aus, um den Unglücklichen zu belehren: Das Protokoll schreibe vor, alle Gäste hätten dem König das Gesicht zuzuwenden.
Mit gleicher Zähigkeit verfolgte die Königin dynastische Ziele. Jahre hindurch organisierte sie für ihre drei Kinder Sophie, Konstantin und Irene staatlich finanzierte Kreuzfahrten auf den Jachten »Achilleus« und »Agamemnon«.
Zu den Fahrten war Europas heiratsfähiger Adel geladen und der Erfolg blieb nicht aus. 1962 wurde das erste griechische Königskind versorgt: Prinzessin Sophie heiratete Juan Carlos, den Sohn des spanischen Thronprätendenten (ihrer Tochter Irene wünscht Friederike den norwegischen Kronprinzen Harald zum Mann). Die griechische Staatskasse bezahlte Sophie die Mitgift von neun Millionen Drachmen (1,2 Millionen Mark).
Eine wesentlich höhere Mitgift forderte Friederike, als vor drei Wochen Konstantin Prinzessin Anne-Marie von Dänemark freite: vier Millionen Mark.
Der dänische Hof aber deponierte, eingedenk der wechselvollen Geschicke des Konigshauses aus dem Geschlecht von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg auf dem Thron zu Athen, nur 100 000 Pfund Sterling auf Anne-Maries Namen bei einer Schweizer Bank.
Die dänische Schwiegertochter hat der Königinmutter noch eine zweite herbe Enttäuschung bereitet. Sie erklärte sich bereit, den »Königlichen Sozialfonds« künftig parlamentarisch kontrollieren zu lassen.
Der Wohlfahrts-Fonds des Hofes ursprünglich für die Opfer des griechischen Bürgerkriegs geschaffen, wird durch eine alljährliche Sammlung, Sondersteuern auf Kino, Fußballkarten und importierte Autos (Aufschlag bei einem VW: 2000 Mark) gespeist. Mit seiner Hilfe wurden Hilfswerke, Heime, Schulen und Wohnungen gegründet.
Die Verwendung der Gelder bestimmte bisher Friederike allein.
Dies hatte immer wieder zu bösen Gerüchten im Volk geführt, da Friederike
verschwenderische Neigungen nachgesagt wurden. Vor Jahren hatte es einen Skandal gegeben, als bekannt wurde, daß aus einem Geheimfonds des Auswärtigen Amtes in Athen, der für besondere Zwecke des Geheimdienstes gedacht war, in Paris für Friederike, ihre Töchter und Hofdamen Pelze und Modellkleider gekauft worden waren.
Trotz der Versuche in den letzten Wochen, ihren Einfluß überall zurückzudrängen, weigerte sich Königinmutter Friederike bislang noch standhaft, das Land zu verlassen. Die ihr von der Regierung angebotene
Exilrente lehnte sie ab:."ich habe nicht die Absicht, unser Land zu verlassen, dem mein Gemahl und ich in Treue zu unserem geliebten Volk gedient haben.«
»Ich hätte nie gedacht«, sagte Friederike privat, »daß man mich einmal mit Evita Perón vergleichen würde. Aber jetzt verbergen meine Kinder die Zeitungen vor mir. Ich möchte am liebsten, daß man mich vergißt.
Ex-Königin Friederike (M ), Töchter Sophie (I), Irene: »Ich möchte am liebsten ... ... daß man mich vergißt": Griechen-König Konstontin, Königin Anne-Marie
Friederike-Gegner Karamanlis
Der Monarchie geopfert