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REKRUTEN Bloß kaufen

aus DER SPIEGEL 21/1970

Wenn die Deutschen ins Examen gehen, zum Tanzkurs schreiten oder vor den Traualtar treten, wird gezittert, geschwitzt, gestottert und gestöhnt.

So Jedenfalls, so unsicher und gehemmt, hat sie der Südfunk-Autor Elmar Hügler in den bislang sieben Folgen der unkommentierten Reportage-Reihe »Notizen vom Nachbarn« vorgestellt.

Am Freitag dieser Woche um 20.30 Uhr führt er nun unter dem Titel »Eine Einberufung« vor, wie der deutsche Rekrut -- »Das Gesäß wird zusammengekniffen« (so ein Ausbilder) -- stramme Haltung zeigt.

»Die Ausbildung muß aggressiv sein«, bekundet einer der vier Wehrpflichtigen, die Hügler zu Wort kommen läßt, »weil sie den Frieden mit sich bringt.« Zwei rücken ein, »weil wir eben müssen«, lassen sich die langen Haare scheren und passen sich an. Der vierte argwöhnt: »Die wollen mich bloß kaufen.«

Und diese Meinung, Hüglers Film macht es deutlich, Ist durchaus berechtigt. Hügler zeigt die Rekruten bei der Musterung, beim Robben durch den Schneematsch, bei der Spindkontrolle, beim Aufstehen um 5.23 Uhr, beim Essenfassen und bei der Diskussion über Notwehr und Verteidigungskrieg.

Bei einer Geländeübung schließlich weigert sich der renitente Banekaufmann, dem das alles als wenig sinnvoll erscheint, mit dem Gewehr umzugehen: »Ich will das gar nicht lernen.« Er möchte als Kriegsdienstverweigerer anerkannt werden und hebt die Hund nicht zum Fahneneid.

Hügler: »Man kann ehrlicherweise nie ganz ausschließen, daß unsere Anwesenheit hier ein Nachdenken ausgelöst hat.«

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