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Hausmitteilung BND, Verschwörungsmythen, Holocaust, Westjordanland

aus DER SPIEGEL 11/2023

BND

Ein mutmaßlicher russischer Maulwurf beim Bundesnachrichtdienst (BND) stürzte die Behörde im Dezember in die wohl größte Krise seit Jahrzehnten. Ausgerechnet in Kriegszeiten verscherbelte ein Referatsleiter offenbar sensibelste Informationen an Moskau. Über Monate hinweg recherchierte ein SPIEGEL-Team um Roman Lehberger und Fidelius Schmid die Hintergründe des spektakulären Spionagekrimis. »Der Fall offenbart gravierende Missstände im BND«, sagt Lehberger.

Es ist die Rekonstruktion eines GAUs, der das Ansehen des deutschen Dienstes bei seinen Partnerdiensten etwa in den USA oder Großbritannien nachhaltig schädigen könnte. Der mutmaßliche Spion im Geheimdienst »war wohl kein sorgsam aufgebauter Doppelagent. Vielmehr spielten offenbar skurrile Zufälle eine Rolle – trotzdem versagten sämtliche Sicherheitsvorkehrungen«, so Schmid.

Verschwörungsmythen

Foto: Walter Schels

Als die SPIEGEL-Redakteure Beate Lakotta und Christopher Piltz letztes Jahr die junge Mutter Malin Weber zum Gespräch trafen, erlebten sie eine Frau, die eine schier unglaubliche Geschichte erzählte: Eine Therapeutin habe ihr eingeredet, sie sei in der Kindheit von Anhängern eines satanistischen Kults missbraucht und ihr heute zweijähriges Kind bei einer kultischen Massenvergewaltigung gezeugt worden. Und mehr noch: Sie sei deshalb gespalten in viele Persönlichkeiten, und eine davon folge bis heute den Codes der Täter. In ihrer Krise glaubte nicht nur Weber zeitweise selbst an das Schauermärchen, auch Ämter und Gerichte fielen auf den Grusel-Stoff herein; Weber verlor das Sorgerecht für ihr Kind. »Die Geschichte wurde einfach nicht hinterfragt«, sagt Lakotta. Piltz und Lakota recherchierten daraufhin zu ritueller Gewalt und über Therapeuten, die absurden Verschwörungserzählungen anhängen, von denen keine je bewiesen werden konnte. Piltz war »schockiert, wie viele Menschen glauben, dass Behörden, Politiker oder Ärzte in satanistische Täternetzwerke verstrickt sind.« Illustriert wurde der Fall von Simon Prades.

Westjordanland

Foto: Jonas Opperskalski / DER SPIEGEL

Über eine Woche nach der Gewaltorgie Hunderter radikaler Siedler gegen Bewohner der palästinensischen Ortschaft Huwara ist die Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten extrem angespannt. Auf dem Weg ins Unruhegebiet passierten die SPIEGEL-Redakteurinnen Monika Bolliger und Julia Amalia Heyer israelische Checkpoints mit Scharfschützen, deren Waffen auf vorbeifahrende Autos gerichtet waren. Sie trafen auf Menschen, die sich in den eigenen vier Wänden nicht mehr sicher fühlen. »Viele stehen unter Schock«, sagt Heyer. »Seit fanatische Siedler in Jerusalem Schlüsselministerien kontrollieren, fühlen sich auch die Siedler hier ermächtigt«, so Bolliger. Der Friedensprozess sei »tot« und mit der rechtsradikalen Regierung im Amt sähen viele junge Palästinenser jetzt keinen anderen Ausweg mehr, als zur Waffe zu greifen.

Holocaust

Foto:

Jens Schwarz / DER SPIEGEL

Eva Umlauf überlebte als Kleinkind Auschwitz. Heute spricht die 80-Jährige bei Festakten oder trifft Schülerinnen in Dachau. SPIEGEL-Reporter Timofey Neshitov hat Umlauf über Monate begleitet und war erschüttert, wie die Erlebnisse, in denen das kleine Mädchen ihr Vertrauen verlor, bis heute ihr Leben prägen. »Sie ist tief unsicher darüber, ob sie wirklich eingeladen wird, weil man ihre Geschichte hören will, oder nur, weil die Veranstalter keine Zeuginnen mehr finden.« Sie hat das Bundesverdienstkreuz angenommen – aber den Deutschen verzeihen will sie nicht: »Wer bin ich, um für sechs Millionen zu verzeihen?«

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