Bonner Plan abgelehnt
Unter den westlichen Staaten gibt es erhebliche Meinungsverschiedenheiten über Art und Auftrag eines künftigen Konfliktverhütungszentrums im Rahmen der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE). Ein internes Arbeitspapier der Bonner Regierung stieß bei Franzosen, Briten, Belgiern und Niederländern auf entschiedene Ablehnung. Vor allem die Regierungen in London und Paris wittern hinter diesem Vorhaben eine Art europäischen »Sicherheitsrat«, der im Laufe der Zeit zu viele nationale Zuständigkeiten an sich ziehen könnte. Dagegen unterstützen die Sowjetunion und Kanada den Bonner Plan, in Berlin einen ständigen Rat der 35 KSZE-Staaten zu schaffen, der Konflikte schlichten und auch für die Einhaltung der in Wien ausgehandelten »vertrauensbildenden Maßnahmen« zuständig sein soll. Die USA, die bislang einer »Institutionalisierung« der KSZE eher skeptisch gegenüberstanden, weil sie eine Unterminierung der Nato fürchteten, haben sich noch nicht geäußert. Bonner Diplomaten erwarten jedoch, daß Washington den Vorschlägen aus Bonn folgen wird. Denn mit der Bindung an das Konfliktzentrum bliebe auch Moskau noch nach dem Ende der Vier-Mächte-Rechte den KSZE-Regeln unterworfen. Als möglicher Kompromiß zeichnet sich nun ab, daß das Sicherheitszentrum zunächst keine »Durchsetzungsrechte« erhält, sondern lediglich Empfehlungen und Appelle aussprechen kann. Eine Entscheidung soll beim Treffen der KSZE-Außenminister am 1. und 2. Oktober in New York fallen.