Brexit-Streit Manfred Weber wirft Boris Johnson "pure Show" vor

Manfred Weber
Foto: Philipp von Ditfurth / dpaAngesicht eines drohenden harten Brexits wirft der Vorsitzende der Christdemokraten im Europaparlament, Manfred Weber, der britischen Regierung Verantwortungslosigkeit vor. "Das Schwarze-Peter-Spiel aus London ist pure Show und bringt niemanden weiter", so Weber gegenüber der Funke Mediengruppe. Diese "politischen Spielchen" seien sehr leichtfertig gegenüber den britischen Bürgern.
Die Kritik richtet sich vor allem gegen Premierminister Boris Johnson. Dieser stehe vor den Scherben seiner Politik. "Er wird den Briten in den kommenden Monaten erklären müssen, warum die Brexit-Versprechen unehrlich waren", sagte Weber. Die EU werde auch keine Verträge mit Partnern abschließen, die bestehende Verträge nicht ernst nähmen. Dennoch bleibe man verhandlungsbereit, sagte Weber. Und: "Wir wollen ein Abkommen, wir wollen auch in Zukunft eine enge Partnerschaft."
Übergangsphase endet am 31. Dezember
Johnson hatte am Freitag nach dem EU-Gipfel erklärt, er stimme sein Land auf einen harten Bruch ohne Vertrag mit der EU am 1. Januar ein. Die EU habe offenkundig kein Interesse an einem von Großbritannien gewünschten Freihandelsabkommen wie mit Kanada, so Johnson.
Ohne ein solches Abkommen würden Zölle und Gebühren den Handel zwischen Großbritannien und der EU schwer belasten. Am 31. Dezember dieses Jahres endet die Übergangsphase, in der Großbritannien noch freien Zugang zum EU-Binnenmarkt hat und Exporte aus der EU ohne Beschränkungen ins Vereinigte Königreich geliefert werden können. Experten gehen davon aus, dass die britische Wirtschaft am stärksten unter einem harten Brexit leiden würde. Aber auch die exportstarke deutsche Industrie würde in Mitleidenschaft gezogen.
Eigentlich sollten die Verhandlungen am Montag weitergehen, doch der britische Unterhändler David Frost soll seinen EU-Kollegen Michel Barnier wieder ausgeladen haben. Beobachter gehen aber davon aus, dass die Verhandlungen dennoch fortgeführt werden. Ein Sprecher der EU-Kommission wollte sich nicht zum Planungsstand äußern. Er verwies lediglich auf Ankündigungen vom Freitag, nach denen Barnier und Frost an diesem Montag über die "Struktur" der weiteren Verhandlungen sprechen wollen.
Britischer Staatsminister: Brexit-Handelspakt wird unwahrscheinlicher
Nun liege es am EU-Unterhändler Barnier, ob ein Deal doch noch zustande komme, sagte Staatsminister Michael Gove am Sonntag im Interview des Senders Sky News: "Der Ball ist in seinem Spielfeld." Die Chance auf ein Abkommen bewertet Gove, der mit den Vorbereitungen für ein Scheitern der Verhandlungen betraut ist, mit etwas mehr als 50 Prozent. Er macht Brüssel verantwortlich für das drohende Scheitern und kritisiert mangelnde Kompromissbereitschaft.
Die Hauptstreitpunkte sind der Zugang von EU-Fischern zu britischen Gewässern und die Forderung der Staatengemeinschaft nach gleichen Wettbewerbsbedingungen für die Wirtschaft, also gleiche Umwelt-, Sozial- und Subventionsstandards. Im Gegenzug soll Großbritannien Waren ohne Zoll und Mengenbeschränkung in den EU-Binnenmarkt liefern können. Dritter wichtiger Punkt für Brüssel ist ein Schlichtungsmechanismus für den Fall, dass gegen den Deal verstoßen wird.