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PERSONALIEN Bruno Kreisky, Franz Sackmann, Hans Hermann Weyer, Adolphus Benedict, Ariel Scharon, Karl Wienand, Prinz Philip, Morris Udall

aus DER SPIEGEL 48/1976

Bruno Kreisky, 65, Österreichs Bundeskanzler, wird »mit einem Schlag Schilling-Millionär« (Wiens »Neue Kronen Zeitung"), wenn er in den -- noch nicht absehbaren -- politischen Ruhestand tritt und seine Memoiren schreibt. Seit durchsickerte, daß sich der Regierungschef auf die Erinnerungen vorbereitet, stellen deutschsprachige Verlage schon Finanzpläne auf, um Kreisky die Rechte meistbietend abzukaufen, Auch bundesdeutsche Bücherfirmen wollen »Bruno von Österreich« ("Zeit") Avancen machen -- in Wien freilich hofft die Konkurrenz, daß Kreisky seine »Memoiren nicht an Ausländer verscherbelt«.

Franz Sackmann, 55, Staatssekretär im bayrischen Wirtschaftsministerium, sammelt nach der Spendenaffäre um den gescheiterten Textilunternehmer Hans Glöggler und den ehemaligen Sackmann-Referenten Herwig Dörrbecker jetzt Persilscheine. Der CSU-Mann schrieb Hunderte von bayrischen Firmen an und bat um postwendende Mitteilung, ob die Adressaten jemals im Zusammenhang mit staatlichen Krediten Spenden für seine Partei geleistet oder angeboten haben -- etwa »zur Beschleunigung der Kreditanträge«. Sackmann stieß mit der Briefaktion offenbar nicht nur auf Verständnis -ein Parteifreund, als Unternehmer ebenfalls Empfänger des Sackmannschen Briefes, gab dem Staatssekretär den schriftlichen Rat: »Zählen Sie Ihre Freunde jetzt genau durch; wenn Sie das Gefühl haben, daß es zu wenig sind, nehmen Sie Ihren Hut. Bayern und die CSU wird das überleben.«

Hans Hermann Weyer, 37, Honorarkonsul, der nach eigenem Bekunden bisher 80 Konsul-, 350 Doktoren-, 76 Grafen- und Prinzentitel an renommiersüchtige Bürger verkaufte, soll jetzt als Berater der liberianischen Regierung »im Range eines Staatssekretärs« (Weyer) deutsche Unternehmer für Investitionen in Afrikas ältester Demokratie anlocken. Die Mission als deutsch-liberianischer Industrie-Berater verdankt Weyer dem Sohn des Staatspräsidenten William Tolbert. Sprößling Adolphus Benedict, 40, Parlamentsmitglied, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses und Inhaber der größten Industrie-Anwaltskanzlei in der Hauptstadt Monrovia, fühlt sich vor allem für die geschäftlichen Belange des Tolbert-Clans verantwortlich -- fast jeder ausländische Anleger muß zunächst zum Präsidenten-Sohn, ehe er an die zuständigen Instanzen weitergeleitet wird. Nutznießer des Investitionshandels ist auch Adolphus Benedicts Intimfreund Hans Hermann, der seine Industrie-Interessenten per Charterjet nach Westafrika fliegen läßt und prozentual am Geschäft beteiligt ist. Auf Wunsch gibt"s bei Vertragsabschluß für die Kunden des Konsuls einen Titel gratis -- liberianischer Ehrenhäuptling mit urkundlich gesichertem »Anrecht auf beliebig viele Frauen«. Der Konsul trägt Titel und Häuptlings-Habitus auch (Photo) und fühlt sich in guter Gesellschaft -- im vergangenen Jahr wurde Außenminister Genscher zum Ehrenhäuptling ernannt, freilich ohne Weyers Hilfe.

Ariel ("Ank") Scharon, 48, israelischer Politiker ohne Parlamentssitz, Generalmajor a. D. und zuletzt (von Juni 1975 bis April 1976) militärischer Sonderberater von Ministerpräsident Rabin, will wieder als Abgeordneter in die Knesset einziehen -- an der Spitze einer eigenen Partei. Die Idee zur Reaktivierung kam dem Soldaten auf seinem Gut im nördlichen Negev, wo er derzeit Baumwolle anbaut und Pferde züchtet -- Araber. Scharons Ziel: Änderung des politischen Systems im Judenstaat, härterer Kurs gegenüber den arabischen Nachbarländern. Der Kriegsheld glaubt dafür eine Mehrheit in Israel finden zu können -- obwohl sein erster Einsatz als Parlamentarier scheiterte. Grund: Parteidisziplin in der oppositionellen Likud-Fraktion lag ihm noch weniger als die militärische Ordnung, mit der er ständig kollidierte. Zwar glauben Beobachter in Jerusalem, daß er genügend Wähler finden könnte, um ins Parlament einzuziehen, doch würde er wohl schnell wieder die Lust an der politischen Alltagsarbeit verlieren.

Karl Wienand, 49, ehemaliger Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, hat einen neuen Job gefunden und ist dabei seinem Geschäftsführermetier treu geblieben: Wienand leitet die Geschicke einer neugegründeten Schönheitsklinik in Bonn. Wienand, der seinen politischen Job wegen verschiedener Affären quittierte, ist zugleich Gesellschafter des Unternehmens, hält vom Stammkapital (60 000 Mark) allerdings nur eine Minderheit. Die neue Aufgabe für den einstigen Vertrauten des SPD-Fraktionschefs Herbert Wehner wurde erst Mitte letzter Woche durch eine Veröffentlichung des Amtsgerichts Bonn im Handelsregister publik. Danach gehört zu den Geschäften der Schönheitsklinik im Godesberger Villen-Viertel die »Beratung und chirurgische Behandlung im internationalen Bereich auf dem Gebiet der Ästhetik und der plastischen Kosmetik, sowie der Therapie der Haut«.

Prinz Philip, 55, britischer Prinzgemahl, verärgerte die Labour-Linken seines Landes. Der Herzog von Edinburgh, der wie alle Mitglieder des Königshauses sich politischer Äußerungen enthalten soll, nutzte das 120jährige Bestehen der eher unbekannten britischen Fachzeitschrift »The Engineer«, um den Vertretern des Wohlfahrtsstaates auf indirektem Weg den Marsch zu blasen. Philip in einem Artikel der Jubiläumsausgabe:« Pioniere und Erfinder waren vor einem Jahrhundert die Helden des Tages. Dieser Enthusiasmus scheint dahingeschwunden zu sein -- Neuerungen, Risiken und Unternehmertum sind unvereinbar mit totaler Stabilität und Sicherheit.« Und: »Der Wohlfahrtsstaat ist wohl ein Schutz gegen Mißerfolg und Ausbeutung, eine nationale Gesundung aber kann nur erfolgen, wenn Pioniere, Unternehmungsfreudige und hart arbeitende Männer wieder den Lohn ihrer Mühen sehen.« Während britische Konservative jubelten ("Der Prinz hat zum erstenmal den Nagel auf den Kopf getroffen"), wertete der Labour-Abgeordnete Dennis Skinner die Moralpredigt Philips als »blanke Heuchelei": »Prinz Philip profitiert am Wohlfahrtsstaat mehr als jeder Rentner. Er bekommt sein Geld vom Staat, ohne jeden Berechtigungsnachweis dafür liefern zu müssen.«

Morris Udall, 54, glückloser Bewerber um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der US-Demokraten, hat »das Jahr 1976 bis obenhin satt«. Der Arizona-Abgeordnete glaubt, eine Pechsträhne erwischt zu haben, die ihm nach der Vorwahl-Niederlage nun auch Knochenbrüche einbrachte -- bei Reparaturarbeiten am Dach seines Hauses rutschte ihm die Leiter weg, Udall stürzte aus zwei Meter Höhe auf den Betonweg und brach sich beide Arme (Photo, mit Ehefrau Ella). Stöhnte der Blessierte: »1976 war nicht gerade mein Jahr, ich bin froh, wenn"s vorbei ist.« Aus gutem Grund: Erst zum Jahreswechsel wird er seine Gipsverbände wieder los.

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